Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

562 Kurfürst Friedrich August III. 
selbst nicht unmittelbar dem Grafen Marcolini, obgleich seine 
Zuneigung zu diesem Manne mit den Jahren immer mehr 
wuchs. Marcolini stieg schon 1772 bis zum Wirklichen Ge- 
heimenrath, verwaltete dam mehrere wichtige Hofämter als 
Oberkammerherr und Oberstallmeister und führte seit 1809 
auch den Titel eines Kabinetsministers. Mit Aufrichtigkeit und 
Treue seinem Herrn ergeben, aber ohne geistige Bedeutung 
wie ohne alle höhere Bildung, und zu arbeitsscheu und phleg- 
matisch, um nach einer hervorragenden politischen Wirksamkeit 
zu trachten, begnügte er sich mit der unscheinbareren, aber 
keineswegs einflußlosen Stellung eines persönlichen Freundes 
und Nathgebers des Kurfürsten, sowie mit den materiellen 
Vortheilen, welche ihm dieselbe gewährte 1). 
Es ist erklärlich, wenn jetzt in Maria Antonia die Hoff- 
nung aufstieg, die Unerfahrenheit und Jugend ihres Sohnes 
werde ihr den Einfluß wieder verschaffen, den sie während der 
Administration so schmerzlich vermißt hatte. Wirklich zeigte 
sich ihr dazu eine Aussicht, indem sie sich im Einverständniß 
mit dem Minister Osten = Sacken dem Versuche unterzog, die 
polnische Krone, die weder für ihren Gemahl noch für Kaver 
zu erlangen gewesen war, auf das Haupt ihres Sohnes zu 
setzen. Nicht als ob sie daran gedacht hätte, dieselbe dem 
Könige Stanislaus August gewaltsam zu entreißen; aber viel- 
leicht ließ sich die innere Zerrüttung Polens benutzen, um ihn 
zu freiwilliger Abdankung zu bewegen. Sie verpfändete ihre 
Juwelen und wendete aus ihren eigenen Mitteln große Summen 
auf, um die polnischen Malcontenten zu gewinnen, mit denen 
sie durch den geheimen Kämmerer Poncet correspondirte und 
deren Häupter sich zum Theil nach Dresden geflüchtet hatten, 
sie reiste 1769 nach Sanssouci, um Friedrich den Großen über 
diese Sache auszuforschen und für ihre Absichten günstig zu 
stimmen. Aber trotz ihrer Andeutungen und Auseinander= 
setzungen blieb es dem König unverständlich, wie ein Herrscher 
1) Mémoiren du Comte de Senflt, ancien ministre de Sare (1863), 
p. 104.
	        
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