Verhandlungen mit Maria Antonia. 565
den Allodialnachlaß desselben nothwendigen Documente zu ver-
schaffen und sich darüber mit dem Kurfürsten von der Pfalz
als nächstem Erben der bairischen Kur auseinanderzusetzen
wünschte. So unsicher diese Erbschaftsaussichten auch waren,
da noch eine Schwester Maria Antonia's, die Markgräfin von
Baden, vorhanden war und sich voraussehen ließ, daß auch
die Kaiserin Maria Theresia mit Ansprüchen hervortreten
würde, so gaben sie doch den bisher mit ihrem Sohne ge-
pflogenen, aber zu ihrem großen Verdruß vergeblich gebliebenen
Unterhandlungen wegen Ubernahme ihrer Schulden eine neue
Wendung. Um nämlich für den Fall, daß der Kurfürst die-
selben bezahle, wenigsteus ein eventuelles Acquivalent zu er-
langen, brachte der Kabinetsminister v. Sacken eine Cession
dieser ihrer Ansprüche in Vorschlag. Aber obgleich die Kur-
fürstin sich auch Marcolini's zu bedienen suchte, um ihren Sohn
ihren Wünschen geneigt zu stimmen, so kam doch kein befriedi-
gendes Arangement zu Stande; die Spannung wurde immer
größer, bald überließ sich die reizbare und von Affecten be-
berrschte Frau der natürlichen Liebe gegen ihren Sohn, bald
wieder dem heftigen Unmuth gegen ihn und seine Rathgeber;
daß Sacken, gegen den sie besonderen Groll hegte, directe Unter-
handlungen mit dem kurpfälzischen Hofe anknüpfte, erregte bei
ihr den nicht ungegründeten Verdacht, als wolle man sie ganz
bei Seite schieben, es verletzte sie, daß der Kurfürst die von
ihrem Lieblingssohne, dem gebrechlichen Prinzen Karl, bean-
spruchte Erhöhung seiner Apanage nicht ohne weiteres bewilligen
wollte. Mittlerweile wurde ihre Lage von Tag zu Tag pein-
licher, ihre Gläubiger mahnten immer stürmischer. Da über-
raschte sie in Dresden plötzlich mit der Drohung, wenn man
auf die von ihr gestellten Bedingungen, nämlich Übernahme
ihrer 700000 Thaler betragenden Schulden und sofortige
Zahlung von 50000 Thalern, ferner gewisse Maßregeln zur
Einlösung ihrer Diamanten, Feststellung der Apanagen für ihre
jüngeren Söhne, besonders den Prinzen Karl, und Begründung
einer diesem zunächst zu Gute kommenden Secundogenitur, nicht
eingehe, so werde sie mit einem fremden Hofe abschließen, der