Die bairische Erbschaft. 577
König dem Kurfürsten die Eventualnachfolge in Ansbach und
Baireuth zusichern und ihm einstweilen jährlich 300000 Thaler
zahlen wolle; träte aber jener Arfall ein, so sollten die beiden
Lausitzen vollständig an Preußen abgetreten werden 1). Der
Kurfürst legte die Sache sämtlichen Kabinels= und Conferenz-
ministern zur Begutachtung vor und diese erklärten sich in Er-
wägung, daß der Vorschlag den Ansprüchen Sachsens auf die
bairische Allodialerbschaft nicht hinreichend entspreche, jener Anfall
bei des Markgrafen Jahren noch unbestimmt sei, den beiden
fränkischen Markgrafthümern die Contiguität fehle, die Lau-
sitzen in Bezug auf Fabriken und Handel höher als jene stän-
den, dagegen. Abgesehen aber von dem größeren oder geringeren
Gewichte dieser Bedenken lag der entscheidende Beweggrund für
die Weigerung des Kurfürsten unzweifelhaft in seinem rechtlichen
Sinne, der sich gegen solchen Linder= und Menschenhandel sträubte;
er ließ dem preußischen Gesandten erklären, „daß er sich nicht
entschließen könne, ihm ergebene und völlig treue Unterthanen
abzutreten und gegen andere zu vertauschen“. Es hat etwas
Erschreckendes, daß eine solche Gesinnung gegenüber dem von
allen andern Seiten unbedenklich mit Land und Leuten ge-
triebenen Schacher als etwas Außerordentliches und besonders
Preiswürdiges erscheint. Obgleich Preußen sein Angebot steigerte,
indem es die Schulden der Fürstenthümer ganz zu übernehmen,
dem Kurfürsten völlig gleiche Einnahmen zu verbürgen und die
Beseitigung der gemischten Gebiete im Ansbachischen zu bewirken
versprach, obgleich es in einem am 16. Juni übergebenen Pro-
memoria seinen Vorschlag nochmals auf das wärmste befür-
wortete, erfolgte am 22. Juni eine definitir abschlägliche Ant-
1) Die erste Anregung zu einem derartigen Tausche scheint nicht von
Preußen, sondern von Österreich ausgegangen zu sein; bereits im Januar
1774 berichtet der sächsische Resident Unger aus München von einem Ge-
rischte, als dessen Ouclle er den kurtrierschen Minister v. Hornstein be-
zeichnet, wonach Osterreich, um seine Absichten auf Schwaben durchzusetzen,
Preußen zu lÜcberlassung seiner Rheinlande aun Würtemberg zu bestimmen
suche, wofür ersteres durch die Lausitzen entschädigt werden solle. Dresdner
Archiv.
Böttiger, Geschichte Sachsens. 2. Aufl. II. 37