Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Das Nentralitätssystem. 591 
fest, daß Sachsen unter dem Vorwande, daß die Übungslager 
diesmal zeitiger als gewöhnlich gehalten werden sollten, unter 
der Hand einige militärische Vorkehrungen traf, das berliner 
Kabinet aber bereits die Mittel erwog, um den österreichischen 
Truppen den Eintritt in das sächsische Gebiet zu verschließen 
und, da es die unbediugte Neutralität Sachsens beim Eintritt 
dieser Eventualität als unhaltbar erkannte, die Geneigtheit des 
Kurfürsten zu einer engeren Verbindung mit Preußen zu ge- 
winnen suchte. Ehe jedoch noch die ersten hierauf Bezug habenden 
Eröffnungen nach Dresden gelangten, überreichte dort plötzlich 
der österreichische Gesandte Graf Hartig 21. Januar im Namen 
des Kaisers das Anerbieten, Sachsens Neutralität für den Fall 
des Kriegs durch eine besondere Convention zu sichern, die 
jedoch, um nicht von Preußen hintertrieben zu werden, ohne 
Verzug abgeschlossen werden müsse; doch solle es dem Kurfürsten 
unbenommen bleiben, sich auch von Seiten Preußens durch 
eine gleiche Convention sicher zu stellen. Dem sächsischen Ka- 
binet in seiner Arglosigkeit schien dieser Vorschlag zu sehr dem 
von dem Kurfürsten angenommenen System zu entsprechen, 
als daß es hätte zögern sollen, denselben anzunehmen; es be- 
hielt sich nur vor, auch den berliner Hof davon in Kenntniß 
zu setzen und lud deuselben ein, seinerseits ebenfalls die sächsische 
Neutralität anzuerkennen. Wie groß aber war sein Erstaunen, 
als Hertzberg diese Eröffnung mit unverhohlenem Unnwillen 
aufnahm, die Schunelligkeit, mit der der Kurfürst das sster- 
reichische Anerbieten ohne vorhergäugige Verständigung mit 
Preußen angenommen hatte, entschieden mißbilligte und eine 
derartige Convention, da Preußen jede feindliche Absicht gegen 
Osterreich fern liege, zum mindesten für überflüssig erklärte. 
Lucchesini, eben im Begriff sich auf seinen Posten nach Warschau 
zurückzubegeben, erhielt Befehl seinen Weg über Dresden zu 
nehmen und dem Kurfürsten die ernstlichsten Vorstellungen über 
den großen Unterschied zu machen, der zwischen dessen bisherigem 
Neutralitätssystem und einer durch eine formelle Convention 
stipulirten Neutralität bestände, die demselben einseitig die Hände 
binde und deren ganzer Vortheil Osterreich zufalle. Zugleich
	        
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