592 Kurfürst Friedrich August III.
ließ der König dem Kurfürsten für den Fall, daß Osterreich
ihn nöthigen wolle, wider seinen Willen sich zu einer einseitigen
Neutralität zu verpflichten, seinen ganzen Beistand aubieten.
Diese Eröffnungen hatten zur Folge, daß die Ministerconferenz
am 15. Februar sich zwar für Beibehaltung der Neutralität,
aber gegen den Abschluß einer einseitigen Neutralitätsconvention
mit Osterreich aussprach 1). Wenige Tage darauf, 20. Februar,
verschied Kaiser Joseph II.
Sein Nachfolger Leopold beeilte sich sowohl die chaotische
Verwirrung im Innern als auch die auswärtigen Verwicklungen,
in welche seines Bruders Ungestüm die österreichischen Erbländer
gestürzt hatte, mit geschickter Hand zu lösen, vor allem den
Krieg mit Preußen abzuwenden. Che er noch eine directe An-
näherung an den König Friedrich Wilhelm lI. versuchte, wen-
dete er sich in der verbindlichsten Weise an den Kurfürsten
Friedrich August. Die nahe Verwandtschaft beider bot ungesucht
eine Anknüpfung; von der so schroff geforderten Convention
war nicht mehr die Rede, vielmehr betheuerte er in den stärksten
Ausdrücken seine friedfertige Gesinnung. Auch täuschte er sich
nicht, wenn er auf die Bereitwilligkeit des Kurfürsten rechnete,
seine guten Dienste in Berlin anzuwenden, um den Ausbruch
des Kriegs zu verhüten. Schwerlich jedoch würde dies dessen
Bemühungen allein gelungen sein, wäre nicht Preußen, nachdem
es in Schwanken und Unentschlossenheit den günstigen Zeitpunkt
hatte verstreichen lassen, im entscheidenden Moment von seinen
Verbündeten, den Seemächten, im Stiche gelassen und dadurch
auf dem Congresse zu Reichenbach genöthigt worden, den
hertzbergschen Tauschprojecten und Vergrößerungspläunen zu ent-
sagen. Obgleich aber Leopold klug genug war, dieser Nieder-
lage der preußischen Politik den äußerlichen Schein eines
Triumphes zu gönnen, so drohte doch die alte Entzweiung
immer wieder von neuem auszubrechen, und es bedurfte der
überlegenen Schlauheit des gewandten Florentiners, um Preu-
ßen nach und nach immer tiefer in die Netze der österreichischen
1) Dresduer Archiv.