Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

596 Kurfürst Friedrich August III. 
Stich gelassen, mußte Preußen seinem Plan, an der Spitze 
einer Clientel nordischer Staaten zweiten Ranges den Absichten 
der Kaiserhöfe Halt zu gebieten, entsagen, es schmiegte sich zu 
Reichenbach der Politik Osterreichs an, das im Begriff stand 
zu Szistowa sich des Krieges gegen die Pforte zu entledigen, 
während Rußland durch den Frieden zu Werela wenigstens die 
eine Hand frei bekam. Aber gerade die Besorgniß, daß zu 
Reichenbach das Einverständniß zwischen Osterreich und Preußen 
auf ihre Kosten zu Stande gekommen sein möge, trieb die 
Polen zu entscheidenderen Schritten. Die Frage wegen Er- 
nennung eines Thronfolgers wurde den Provinziallandtagen 
vorgelegt, einstimmig sprachen sich alle sechszig für den Kurfürsten 
von Sachsen, aber nur etwa sechs auch für die Erblichkeit des 
Thrones aus. So schmeichelhaft diese einmüthige Kundgebung 
einer ganzen Nation für Friedrich Angust war, so wenig ließ 
er sich doch dadurch in seiner bisherigen Vorsicht irre machen; 
der poluische Gesandte, Graf Malachowski, erhielt auf die be- 
zügliche Anzeige die Antwort, „daß bei aller Dankbarkeit für 
das ihm bewiesene Vertrauen der Wunsch der Nation für ihn 
keinen Gegenstand der Erwägung abgeben könne, so lange nicht 
aus der festzustellenden Verfassung der Republik erhelle, ob er 
die ihm zugedachte Krone mit Würde führen und das Glück 
der Nation werkthätig befördern könne, ob sich die neu zu 
übernehmenden Pflichten mit den älteren gegen seine Erblande 
vereinigen ließen, endlich, wie viese Veränderung von den Nach- 
barmächten angesehen werden würde"““; zugleich trug er Sorze, 
die auswärtigen Höfe darüber nicht in Zweifel zu lassen, daß 
alles, was bisher in Polen geschehen, ohne irgend welche Be- 
theiligung von seiner Seite lediglich aus dem eigenen Impuls 
der Polen hervorgegangen sei. Je behutsamer aber der Kur- 
fürst verfuhr, desto ungestümer drängten die Polen auf eine 
Entscheidung; je gewissenhafter er jeden Schritt erwog, desto 
unbedenklicher waren sie in der Wahl ihrer Mittel. Wohl 
wissend, daß Gefahr im Verzug sei, beschloß die Reformpartei 
ihre Absichten vermittelst eines Staatsstreiches durchzusetzen, 
bevor dieselben von ihren Widersachern in und außer dem
	        
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