Norddeutscher Bund von 1806. #an
Hand an der Isolirung Preußens. In dem sächsischen Gesandten
Grafen Senfft, einem jungen Manne von wenig über dreißig
Jahren, der mit besonderer Rücksicht auf seine glänzenden Ver-
mögensverhältnisse im Frühjahr 1806 plötzlich aus dem Ver-
waltungsfache als Nachfolger des Grafen Bünau auf den
Posten in Paris berufen worden war, seiner Gesinnung nach
einem ebenso ausgesprochenen Gegner Preußens wie Frankreichs
und eifrigstem Vertreter einer sächsischen Sonderpolitik, bot
sich dem Kaiser ungesucht ein Werkzeug, um in diesem Sinne
auf die dresdner Regierung einzuwirken. Dem preußischen
Kabinet waren diese Absichten kein Geheimniß, aber sie gaben
keinen Grund zu Besorgniß. Lucchesini, Gesandter in Paris,
sprach es offen aus: „ohne Zweifel sei es ein Hauptziel Frank-
reichs Sachsen und Hessen von der preußischen Allianz zu
treunen, allein die unerschütterliche Legalität des Kurfürsten
von Sachsen gewährleiste Preußen die Unmöglichkeit der Aus-
führung eines solchen Projects““. Aber es war doch Musik
für sächsische Ohren, wenn Talleyrand, als der Rheinbund im
Werke war, dem Grafen Senfft die Zusicherung gab, alle
Veränderungen, die sich in Deutschland vorbereiteten, würden
fern von Sachsen vor sich gehen und dieses nicht weiter be-
rühren; am liebsten hätte man sich in Dresden um gar keine
Veränderung gekümmert, und wenn Napoleon am 17. Juli
jedenfalls mit berechneter Absichtlichkeit gegen den österreichischen
General Vincent äußerte, „Sachsen möge sich wohl in Acht
nehmen sich von Preußen, das seinem Verderben zueile, mit
fortreißen zu lassen, der Kurfürst könne nichts besseres thun,
als seine Unabhängigkeit und Neutralität zu erklären und die-
selbe in Gemeinschaft mit den benachbarten Kleinstaaten auf-
recht zu erhalten, Frankreich werde diese politische Haltung aner-
kennen ohne Sachsens Beitritt zum Rheinbunde zu verlangen“ 1),
so hätte es, um gegen solche halb schmeichelnde, halb drohende
Einflüsterungen unempfindlich zu bleiben mehr Muth und mehr
Einsicht bedurft, als in Dresden zu finden waren. i11“ 109
1) Senfft, Mémoires, p. 10. Vergl. Napoleons Brief an den
Fürsten Primas vom 13. August. Correspondance XIII, 60.