Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Norddeutscher Bund von 1806. 635 
sehr ungelegen, er beklagte, daß eine ruhige Entschließung des 
Kurfürsten durch die unerwartete Ankunft des Grafen Götzen 
gestört werde; dennoch fand Götzen die Stimmung des sächsischen 
Hofes ganz nach Wunsch; es waren bereits in aller Stille 
Maßregeln eingeleitet, um das Land gegen eine plötzliche fran- 
zösische Invasion zu decken, der Kurfürst ertheilte ihm die bün- 
digsten Versicherungen seiner Anhänglichkeit an Preußen, ver- 
hehlte aber seine Befürchtung nicht, daß der Einmarsch der 
preußischen Truppen und eine übereilte Mobilisirung der 
sächsischen Armee für die Franzosen das Signal zum Angriff 
auf Sachsen werden möchte. Am 4. September, demselben 
Tage, wo Preußen in Dresden um die Erlaubniß zum Durch- 
marsch seiner in Schlesien stehenden Truppen nachsuchte, erhielt 
Graf Görtz die gewünschte Vollmacht. Nun aber trat mit 
einemmale offen zu Tage, wie sehr der Standpunkt, von dem 
aus Sachsen die gegenwärtige Sachlage betrachtete, verschieden 
war von den Tendenzen, welche Preußen verfolgte. Statt der 
gehofften Zustimmung zu dem preußisch-hessischen Allianztractat 
überreichte Graf Görtz einen sächsischen Gegenentwurf gegen 
denselben und einen zweiten gegen den Unionstractat. Jener, 
der, im alten Reichskanzleistil abgefaßt, sich nur als eine Er- 
neucrung der Erbeinigung von 1614 ankündigte, that des 
norddeutschen Bundes mit keiner Silbe Erwähnung, war nur 
auf Errichtung eines föderativen Defensivbundes gerichtet, schloß 
die Garantie Hannovers ausdrücklich aus und überließ (Art. IX) 
jedem der Contrahenten, auch andere der Lage und sonstigen 
Beziehungen nach mit ihm in Verbindung stehende Reichs- 
mitglieder näher au sich zu schließen, mit ihnen in ein verbün- 
detes Ganze zusammenzutreten und dadurch seiner Macht 
mehrere Festigkeit, graßeren Umfang und stärkeren Nachdruck 
zu verschaffen, wobei sich der Kurfürst von Sachsen, welcher 
als Familienoberhaupt des Beitritts sämtlicher herzoglich 
sächsischer Hänser sich zu versehen habe, vorläufig die Ein- 
schließung derselben in die gegenwärtige Vereinigung ausbe- 
dang 1). 
1) Schmidt, S. 521 ff.
	        
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