636 Kurfürst Friedrich August III.
Noch viel deutlicher aber trat die Tendenz des sächsischen
Kabinets, jede Unterordnung unter Preußen abzuwehren und
deshalb nur in die Bildung von Staatengruppen, die jede für
sich souverain und unter einander bloß durch ein lockeres
Föderativsystem verbunden wären, zu willigen, in dem Gegen-
entwurfe zu dem Unionstractate hervor, der den 10. September
von dem Geheimen Conseil festgestellt worden war. „Welche Vor-
rechte“, heißt es in den demselben vorausgeschickten Bemer-
kungen, „bisher mit der sächsischen Kurwürde verbunden ge-
wesen sind, ist hinlänglich bekannt. Sollte nun bei dem nord-
deutschen Bunde sich den Formen der bisherigen Reichsverfassung
soviel möglich angenähert werden, so würde u. a. eine Folge
davon sein, daß J. Ch. D. bei dem Bundescongreß das
alleinige Directorium zu führen hätten. Indessen wollen Höchst-
dieselben aus persönlicher Rücksicht für J. K. M. von Preußen
darauf nicht bestehen, sondern sind geneigt dem vorgeschlagenen
dreifachen Directorio die Hand zu bieten, erachten jedoch der
Billigkeit gemäß, daß wenigstens das Hauptdirectorium von
Jahr zu Jahr unter den drei Höfen alternire“ 1). Diesem
Standpunkte entsprach der Inhalt des Entwurfs selbst. Blind
gegen die realen Machtverhältnisse sah der dresdner Hof in
dem Könige von Preußen nur den Kurfürsten von Brandenburg,
dem Sachsen der Würde nach vorangehe. Der Schwerpunkt
des Bundes war ganz in die Kreise gelegt; jeder Kreis sollte
ein durch einen Bund unter sich vereinigtes Ganze bilden, wobei
dem sächsischen Kreise außer den Kurlanden die ernestinischen
und anhaltischen Lande, der sächsische Antheil an Henneberg,
Schwarzburg und die sämtlichen Neußenlande zugetheilt waren,
für die Erfüllung der von den einzelnen Ständen jedes Kreises
übernommenen Verbindlichkeiten sollte der contrahirende Haupttheil
einstehen; keine Mediatisirung; dagegen bleibt es jedem Kreis-
director und Stande überlassen, mit des Kreises Zugehörigen
wegen der künftigen näheren Verhältnisse sich besonders zu ver-
einigen. Während also Preußen Sachsen in ein ausdrücklich
1) Schmidt g. a. O., S. 529.