Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

610 Kurfürst Friedrich August III. 
türlich verringerte diese Einrichtung auch die Achtung des Publi- 
kums vor dem Militairstande, der Bürger mied die Be- 
rührung mit demselben, so daß z. B. in Dresden den Soldaten 
besondere Wirthshäuser angewiesen, alle anderen öffeutlichen 
Orte aber verboten waren. Die Verpflichtung, den Etat der 
Mannschaften vollzählig zu erhalten und ihre Bewirthschaftung 
lag dem Compagniechef ob, ihm zahlte der Staat eine be- 
stimmte Anzahl Löhnungen; da ihm aber überlassen blieb, 
außer den kurfürstlichen Urlaubern noch so viele sogenannte Frei- 
wächter zu eigenem Vortheile zu beurlauben als der Garnison- 
dienst gestattete, so bildete der Besitz einer Compagnie, deren 
Bestand in Friedenszeiten selten mehr als 20 bis 30 Mann 
betrug, die Quelle eines sehr stattlichen Einkommens. Bei 
dem geradezu unzureichenden Gehalte der Offiziere war diese 
Ausbentung des Freiwächtersystems und der Bekleidungswirtb- 
schaft stillschweigend sanctionirt, ja diejenigen Compagniechefs 
erfreuten sich eines ganz besonderen Ansehens, welche die besten 
Geschäfte zu machen verstanden. Aus demselben Grunde blieben 
auch der Oberst und Oberstleutnant Compagniechefs und ließen 
sich als solche durch Stabscapitains vertreten. Da nun ein 
Jeder den Nutzen aus dem Besitz seiner Compagnie so lange 
als möglich zu ziehen suchte, der Staat seinerseits die Pensions- 
last scheute, so war die Folge, daß man ein überlebtes, kriegs- 
unlustiges Offizierscorps besaß, das sich noch obendrein in der 
langen Friedenszeit überall hinter den Beamten zurückgesetzt 
sah. Ganz ähnliche Ubelstinde machten sich bei den Mann- 
schaften geltend, deren geringe Löhnung auch noch durch die 
Kosten für den die Zöpfe und Seitenlocken besorgenden Fri- 
senr, für Puder und Pomade, für das Waschen der Man- 
schetten, Busenstreifen und Halsbinden Abzug erlitt. Bei der 
Kavalerie war die Dienstzeit lebenslänglich, bei der Infanterie 
Sicherheit der Lente — unter ihnen herrscht, macht sie noch angenehmer; 
aller militairische, fatale Druck fällt da weg und es scheint eine Gesell- 
schaft freiwillig zusammengekommener, sich in den Wassen übender Lente 
zu sein.“
	        
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