Folgen der Schlacht bei Jena. 655
Überhaupt trat jetzt bei dem plötzlichen Hereinbrechen des
Schreckens die ganze Unbcehilflichkeit der sächsischen Staats-
maschinerie hervor. Wie dje Beamten, gewohnt mit pedantischer
Umständlichkeit das vorgeschriebene Gleis streng innezuhalten,
außer sich geriethen über die Formlosigkeit, mit der die
Franzosen zugriffen, so verloren selbst die Räthe des Kurfürsten
das Heft ganz aus den Häuden und ließen die Entscheidung
über die wichtigsten Sachen in die Hände untergeordneter Persfön-=
lichkeiten wie Funck und Thielmann fallen. Umsonst beschwor
ersterer den Grafen Marcolini, daß schleunigst ein Gesandter
von Rang, womöglich Marcolini selbst, an Napoleon abgehen
möge, um sich dessen Wohlwollens zu versichern, der Graf
wies einen so unerhörten Verstoß gegen alle Etikette mit einer
Art väterlicher Nachsicht ab, nur Funck selbst wurde mit einer
mündlichen Antwort des Kurfürsten an den Kaiser beauftragt,
da ja dieser ihm auch bloß eine mündliche Botschaft gesendet
habe, und erst nach vieler Mühe erreichte jener endlich, daß
der Kurfürst seiner Würde so weit vergab, um ihm ein Hand-
schreiben an den Kaiser mitzugeben. Mit diesem eilte Funck
in das laiserliche Hauplqauartier nach Halle. Napoleon fand
es für gut über die Tactlosigkeit des sächsischen Hofes hinweg-
zusehen, nahm den Brief und seinen Überbringer, der sich mit
Geschick darzustellen wußte, gnädig auf und gab ihm eine Ant-
wort an den Kurfürsten mit, deren freundlicher Ton nun sofort
wieder in Dresden alle Besorgnisse zerstreute 1). Da aber
trotzdem die französischen Forderungen, auf deren Einstellung
man sich nun vorschnell Rechnung gemacht hatte, ganz in der
bisherigen Weise fortgingen und man sich nachgerade zu be-
nuruhigen anfing, daß der Kurfürst trotz Napoleous deutlich
ausgesprochenem Winke sich nicht hatte überwinden können ihn
persönlich zu begrüßen, so reifte endlich doch der Entschluß, den
Oberkammerherru Grafen Bose, einen Vertrauten Marcolini's,
mit Entschuldigungen wegen der stattgefundenen Verzögerungen
1) v. Fund's Tagebuch bei v. Montbé II, 262. Corresp. de
Nap. XIII, 380.