Unterzeichnung der Concordienformel. 55
sich bei der ganzen Unterzeichnung um nichts als einen äußerlichen
Schein, wie denn die Commissarien gleich anfangs für ge-
rathen hielten, sie von den wittenberger Professoren gar nicht
zu verlangen; dagegen wurde, um Abweichungen von der Lehre
des bergischen Buches vorzubeugen, die Einrichtung zweier jähr-
licher Visitationen von sehr inquisitorischem Charakter für
nöthig befunden. So trat an die Stelle glaubensvoller Über-
zeugung eine byzantinische Hoftheologie, an die Stelle selbst-
thätigen Gemeindelebens ein gedankenarmes Pastorenthum,
gleich hierarchisch nmach unten wie servil nach oben.
Daß auf eine allgemeine Anerkennung der Concordien-
formel nicht zu rechnen sei, darüber täuschten sich freilich deren
Urheber schon jetzt nicht mehr. Statt daher „die christliche
Vergleichung“, wie ursprünglich beabsichtigt war, einer allge-
meinen Synode vorzulegen, zogen sie vor, sie wenigstens von
den ihnen zunächst stehenden Territorialkirchen unterzeichnen zu
lassen, und mußten nach einer Menge neuer Verhandlungen zu
Tangermünde, Langensalza, Herzberg und Jüterbock froh sein,
ihr die Unterschriften von drei weltlichen Kurfürsten, 20 Fürsten,
24 Grafen, 4 Herren, 35 Reichsstädten, dazu von gegen 8000
Theologen und Schuldienern gewonnen zu haben. Odgleich
somit der Hauptzweck verfehlt war, wurde doch das neue Sym-
bolum am 25. Juni 1580, dem bojährigen Jubelfeste der
augsburger Confession und genau 50 Jahre vor Gustav
Adolfs Landung in Deutschland feierlich in Dresden publicirt
und sogar eine Denkmünze darauf, Christi Sieg über den Teufel
und die Vernunft darstellend, geschlagen. Aber selbst jetzt waren
zu Augusts und Andreäs nicht geringem Befremden die Uni-
versitäten Leipzig und Wittenberg erst nach längerem Widerstre-
ben und auch dann nur zu einer bedingten Unterzeichnung der
aufgedrungenen Formel zu bringen, ja einige von den Pro-
fessoren, z. B. Joh. Mathesins, verzichteten lieber auf ihr
Jac. Böhmes und, wie er sich mit seiner mystisch-pantheistischen Über-
zeugung dem Zwang des officiellen Glaubens schweigend fügt, ein Bild
der Unwahrhaftigkeit, die sortan in die kursächsische Kirche eindrang. Vgl.
Opel, Val. Weigel (1864).