s662 Inneres 1768—1806.
fänge hinauskommen lassen. Es ist daher sein unbestreitbares
Verdienst, durch Consequenz, Ordnung und Sparsamkeit, durch
Rechtlichkeit und Gewissenhaftigkeit dem Weitergreifen der Fäulniß,
welche unter den beiden Angusten den Staat erfaßt hatte, ein
Ziel gesetzt und die Genesung desselben vorbereitet zu haben.
Friedrich August war vermöge der Enge seines Gesichtskreises,
der Schwerfälligkeit seines Geistes, der Starrheit seiner Rechts-
begriffe und seinem Mangel an schöpferischen Ideen von Natur
keineswegs zum Reformator angelegt; aber sein angeborener
Gerechtigkeitssinn fühlte sich durch die vielen vorhandenen libel-
stände verletzt und machte ihm die Abstellung derselben zur
Pflicht. Das Zeitalter mit seinem Drängen auf das Nüttzliche
und Wohlthätige strebte nach den gleichen Zielen. Es gab daher
fast keinen Zweig der Verwaltung, in welchem der für das
Wohl seines Volkes aufrichtig wachende und sorgende Fürst
nicht Verbesserungen oder wenigstens Veränderungen, wolche
dergleichen bezweckten, vorgenommen hätte, aber an fundamentale
Umgestaltungen wurde nirgends die Hand gelegt. Man ließ
vielmehr die einmal bestehenden, wenn auch noch so veralteten
und unzeitgemäßen Formen unangetastet und füllte meist neuen
Wein auf alte Schläuche; hie und da eine zweckmäßige Maß=
regel zur Vereinfachung des complicirten Geschäftsganges
änderte nichts an dem Wesen des Ganzen. Die Hauptsache
blieb, daß in der Handhabung der bestehenden Einrichtungen
die frühere Leichtfertigkeit durch Gewissenhaftigkeit, die Willkür
durch strengste Gesetzlichkeit ersetzt wurde. Auch im Volke selbst
machte sich nirgends ein Streben nach durchgreifenderen Ver-
änderungen bemerklich. Es fehlte hier sowohl der Impuls
einer großen Persönlichkeit und mechtiger staatlicher Verhältnisse,
wie solche in Preußen wirkten, als auch das Ferment der
französischen Revolutionsideen, welches das westliche Deutschland
durchsäuerte. Die Eingewöhnung in enge Verhältnisse stumpfte
den Sinn für die allgemeinen politischen Angelegenheiten ab
. und ließ das Bequemste, nämlich das Festhalten an dem Her-
gebrachten, als das Wünschenswertheste erscheinen. Desto rück-
haltsloser aber und herzlicher wendete sich die Liebe und Ver-