Die Stände. Der Abdel. 667
erstreckt werden solle und die Besitzer solcher Rittergüter zum
Landtage berufen werden möchten, „inwiefern sie für ihre
Person zum Erscheinen auf Landtagen sich qualificirten“. Noch
auf dem Ausschußtage von 1805 wurde der Ritterschaft auf
mehrmaliges Ansuchen das Tragen einer besonderen Uniform
gestattet. Dennoch drang auch durch die Schranken dieser
Corporation ein Hauch der modernen Ideen. Auf dem Land-
tage von 1793 erösfneten die Städte den Kampf gegen die
Steuerfreiheit der Rittergüter mit einer Vorstellung, die wegen
des darin herrschenden und auf den sächsischen Landtagen zeither
ganz ungewöhnlichen Tones Aufsehen erregte; derselbe setzte sich
auch außerhalb des Ständesaals in einem Broschurenstreit fort,
blieb jedoch im ganzen sehr harmlos ).
Bevorzugung des Adels war überhaupt der wunde Fleck
nicht bloß des sächsischen, sondern aller deutschen Staatswesen.
Außer dem Hofe galt die gesamte höhere Verwaltung als die
Domaine adeliger Geburt, an deren Schleppe sich nur zu oft
der Nepotismus anhing. Von diesem Vorurtheile ließ sich
auch der Kurfürst selbst vollständig beherrschen, nur daß er
— und darin lag der große Fortschritt im Vergleich zu den
vorhergehenden Regierungen — nicht die adelige Abkunft allein,
sondern neben derselben persönliche Tüchtigkeit verlangte. In
diesem Sinne bestimmte das Mandat wegen QOualificirung
junger Leute zu künftiger Dienstleistung vom 27. Februar
1793 2), daß vor Ertheilung eines Staatsamtes an solche, die
erst in den Staatsdienst eintraten, deren Befähigung dazu sorg-
fältig geprüft, im Civildienst niemand vor dem 21. Jahre
angestellt, schon auf den Schulen dazu vorgearbeitet und denen,
die sich zur Akademie vorbereiteten, frühzeitig eingeprägt werden
solle, „daß nur Geschicklichkeit und Fleiß, keineswegs aber Ge-
1) Einen etwas erregieren Charakter nahm derselbe erst durch Ch.
A. Arnudts Flngschrift „über die Besörderung des Zutrauens zwischen
Regenten und Unterthauen“ (1797) an, welchem F. L. v. Wurmb
anonym durch „Das Grabmal des Leonidas“ antwortete.
2) Cod. Aug. Cont. II, 3.