Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

684 Inneres 1768—18606. 
dustrie nichts weiter begehrte als freien Raum, war noch nicht 
gekommen. Aber wenn auch in Sachsen jene vom Staate 
ausgehende Überwachnng nicht fehlte, die durch Ausfuhrverbote 
auf Nohprodukte, Einfuhrverbote auf fremde Mannfacturwaaren, 
durch Privilegien, Prämien, Steuerbefreinngen #. ihr unter 
die Arme zu greifen und ihrer Entwickelung die Wege vorzu- 
schreiben liebte, so blieb ihr doch hier immer noch eine viel 
freiere Bewegung als in Preußen oder Osterreich. Der künst- 
liche Aufschwung, den einzelne dem Luxus dienende und durch 
glänzende Anßenseite bestecheude Industrien in der polnischen Zeit 
genommen hatten, war von keiner Dauer; dagegen fingen jetzt 
diejenigen, die auf den natürlichen Bedingungen des Landes und 
seiner Bewohner beruhten, sich mehr und mehr zu dauernder 
Bedeutung zu entwickeln an. Namentlich begann Sachsen an 
der sich mächtig erweiternden Baumwollenindustrie Antheil zu 
nehmen, welche, da die Handarbeit den Bedarf nicht zu befrie- 
digen vermochte, die Spinnmaschine hervorrief, und trat dadurch 
zu England in nahe Beziehungen. Hauptsitz der Baumwollen- 
mannfactur wurde Chemnitz. Hier baute, vom Kurfürsten 
besoldet, der Engländer Whitfield die erste Spinnmaschine in 
nehmen. Sachsen kann bloß durch Treu und Glauben im Handel, durch 
Sortiment und vorzügliche geschmackvolle Güte der Waaren, besonders 
auch durch eine dem Abkäufer zu verschaffende Convenienz seinen aus- 
wärtigen Vertrieb behaupten und die Mitwerbung eifersüchtiger Nachbarn 
rühmlich vereiteln! Jeder dem Commerz entweder durch Übermäßig er- 
höhte Abgaben oder durch Verbote auferlegte Zwang wird unausbleiblich 
schädliche und destructive Wirkungen hervorbringen. Möchten doch also 
die Fürsten der Erde sich Uberzeugen, daß Handel und Gewerbe zwischen 
allen Völkern wechselseilig sein soll und anders nicht als Hand in Hand 
bestehen kaun! Möchien sie bedenken, daß der Ansländer, wenn wir ihm 
seine Waaren abkaufen, unsere Produkte, mittelbar oder unmittelbar, an 
Zahlungsstatt aunehmen wird, und daß wir also, indem wir fremden 
Kanfleuten Verdienst schaffen, zugleich auch unsere eigenen Fabrikanten 
in Nahrung setzen und bereichern! Wenn wir im Gegentheil die Einfuhr 
einer fremden Waare verbieten, es geschehe aus was Absicht es wolle, so 
erschweren wir dadurch dem Ansländer die Zahlungsmittel gegen uns 
selbst und hemmen in unausbleiblicher Folge die Ausfuhr eigener Pro- 
dukte.“
	        
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