Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Die Universitäten. 693 
Auf der Studirenden Fleiß und sittliches Betragen suchten 
Rescripte über Abgangszeugnisse, über bessere Benutzung der 
historischen Vorträge, gegen Ordensverbindungen, über Schärfung 
der Examina durch deren Offentlichkeit einzuwirken; die Studien- 
zeit wurde auf drei Jahre beschränkt, bei Besetzung der ordent- 
lichen Professuren sollte besonders auf schriftstellerische Leistungen 
Rücksicht genommen werden. Im allgemeinen bewahrten beide 
Universitäten ihren überlieferten Charakter: Wittenberg, „das 
Land der Dissertationen und Programme "“, blieb, obgleich es 
an dem Pöbilologen K. Zeune (st. 1788), dem Historiker M. 
Schröckh (st. 1808) und dem jüngeren Juristen K. S. Zachariä 
und Anderen Namen von Bedeutung besaß, in, seiner gelehrten 
Beschränktheit merklich hinter Leipzigs weltmännischer Univer- 
salität zurück, die unter rielen Ausländern 1765 auch den 
jungen Goethe herbeizog. Dieser selbst hat auf das anschau- 
lichste den tiefen Eindruck geschildert, den die nach damaligen 
Begriffen großartige Stadt mit ihren stattlichen Häusern und 
Höfen, ihren sauberen Straßen und gartenreichen Vorstädten, 
ihrem Waarenverkehr und Buchhandel, ihren Kunstschätzen und 
ihrem Kunfstsinn auf ihn machte. Auch trat in Leipzig die neue 
wissenschaftliche Methode ungleich schärfer und fruchtbringender 
hervor als in Wittenberg. Der Verlust, den die Philologie 
an Reiske (1774), Ernesti (1781) und Reiz (1790) erlitt, 
würde noch fühlbarer gewesen sein, wenn nicht die Lücke bald 
wieder ausgefüllt worden wäre, weniger zwar durch Ch. D. 
Beck, den Stifter der philologischen Gesellschaft, aus welcher 
nachher das philologische Seminar erwuchs, als vielmehr durch 
den jungen Gottfried Hermann, den Gründer der kritischen 
Schule der Philologie, geb. zu Leipzig 1772, 1798 außper- 
ordentlichen Professor und 1803 ordentlichen Professor der Bered- 
samkeit. In der Philosophie hatte sich Ernesti noch der leibnitz- 
wolsischen Schule angeschlossen; nachdem aber bereits Morus 
(st. 1792) sich von derselben ziemlich losgesagt hatte, bürgerte C. H. 
Heydenreich (st. 180 1) die kantische Philosophic hier ein, zu der er 
von dem Studium Spinoza's und Rousseau's übergegangen war. 
Keiner aber der damaligen Döcenten verbreitete, obgleich ohne
	        
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