Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Landstände. 61 
aufmerksame Bereisung seines Landes eine so genaue Bekannt- 
schaft mit den Verhältuissen der Unterthauen, wic sich einer 
ähnlichen kein anderer seiner fürstlichen Zeitgenossen rühmen 
konnte. Unter August wurde Sachsen der Musterstaat für das 
übrige Deutschland, und mehr als einmal baten ihn Nachbar- 
fürsten um Mittheilung seiner Gesetze und Verordnungen. 
Unverkennbar erleichterte zugleich diese gesteigerte Regenten- 
thätigkeit und die dadurch erzielte bessere Organisation der Ver- 
waltung die Ausdehnung der landesfürstlichen Macht im Innern, 
theils über die Grafen und die Herren geistlichen und welt- 
lichen Standes, die von dem Verhältniß der Lehensabhängig- 
keit immer mehr zu der Stellung von Unterthanen herab- 
gedrückt wurden, theils auch den Landständen gegenüber. Für 
die Entwickelung der letzteren ist Augusts Regierung insofern 
cepochemachend geworden, als sich damals in ihnen ein Geist 
corporativer Abgeschlossenheit und aristokratischer Bevorrechtung 
festsetzte, in welchem der Adel und zumal der hohe eine Schutz- 
wehr gegen das steigende Übergewicht der zu Wohlstand ge- 
langten Städte, sowic gegen die großentheils aus dem Bürger- 
stand und der Nitterschaft hervorgegangenen und durch die von 
ihnen bekleideten Staatsämter einflußreichen Gelehrten suchte, 
und der von da an dieser Körperschaft bis tief in das 19. Jahr- 
hundert hinein eigen geblieben ist. Nach dem Bilde, welches 
uns die um 1565 von Hans von Ponikau verfaßte, wenn auch 
nicht zu gesetzlicher Geltung gelangte, sogenannte alte Landtags- 
ordnung von derselben entwirft, trennten sich die Prälaten und 
Stifter (zu denen seit 1587 auch die Universitäten kamen), 
die Grafen und Herren als besondere Korporationen von der 
Nitterschaft und den Städten ab, während aus den beiden 
letzteren wieder sich selbst ergänzende engere und weitere Aus- 
schüsse hervorgingen, die bald einer sehr bestimmt hervor- 
tretenden Abhängigkeit vom Landesfürsten verfielen. Je mehr 
diese Formen verknöcherten, desto mehr lösten sich die Landstände 
von der lebendigen Gemeinschaft mit dem Volke ab; je schwer- 
fälliger und langsamer ihr Geschäftsgang wurde, desto leichter 
ging ein Theil der früher von ihnen verwalteten Geschäfte in
	        
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