8 Kurfürst August. Der leipziger Schöppenstuhl.
geschehen ). Der Hauptschauplatz aber, wo in Sachsen die Ver-
treter des einheimischen und die des römischen Rechtes feindselig
aufeinander trafen, wurde Leipzig, wo die letzteren, die soge-
nannte Doctorenpartei, unter Anführung des Ordinarius
Thoming und auf Cracos Schutz pochend an der Verdrängung
der ungelehrten, sogenannten politischen Nathspersonen aus dem
Schöppenstuhle und womöglich auch aus dem Rathscollegium
arbeiteten, hierbei aber auf den heftigsten Widerstand von
Seiten des selbst ungelehrten aber geschäftsgewandten und höchst
ehrgeizigen Bürgermeisters Hieronymus Nauscher stießen, der
nun seinerseits durch eine Gegenagitation die Doctoren aus den
städtischen Collegien zu verdrängen suchte. Wirklich setzte er
auch, unterstützt durch die Gunst des Kurfürsten, die er nicht
bloß durch klugen Anschluß an die orthodox--lutherische Partei,
sondern selbst durch Aufopferung städtischer Nechte zu erkaufen
wußte, die Entfernung der weil zugleich der Universität ange-
hörenden, allerdings mit Geschäften überhäuften Doctoren aus
dem Rathsstuhle 1572 und nach Cracos Sturze, nach welchem
auch die Freiberger ihre Erbordnung mit wenigen Änderungen
wiedererhielten, auch aus dem Schöppenstuhle durch. Zugleich
aber wurde der letztere, nunmehr mit den drei Bürgermeistern,
drei landesherrlichen Doctoren und einem Laienschöppen besetzt,
aus einem städtischen in einen landesherrlichen Spruchhof ver-
wandelt, in welcher Gestalt er bis zum Jahre 1835 fortge-
dauert hat 2). In welch' unedler Weise Nauscher seine Rach-
sucht an seinem gefangenen Gegner ausließ, ist oben erzählt
worden.
Hand in Hand mit dieser großen Reform der Justiz gingen
zahlreiche, die bürgerliche Wohlfahrt betreffende Anordnungen
der verschiedensten Art, die man unter dem Ausdruck Polizei
zusammenfaßte. Aus den Berathungen der zu Erledigung der
allgemein und schwer empfundenen Landesgebrechen auf dem
Landtage von 1554 niedergesetzten Deputation ging die merk-
1) Über Cracos Antheil an den Constitutionen s. dessen Leben in
der Sammlung verm. Nachr. z. sächs. Gesch. VIII, 55 ff.
2) Gretschel, Beiträge zur Gesch. Leipzigs, S. 56.