74 Kurfürst August als Staatswirth.
mehr zu dem System der Selbstverwaltung zurück, womit zugleich
die Verwandlung der Frohndienste in Erbzins größtentheils auf-
hörte, im Gegentheil jene wieder mit größerer Strenge gefordert
wurden. In Augusts letzten Jahren brachten 96 in Admini-
stration gestandene Kammergüter 280000 Fl. und 1591 schon
331257 Fl. Reinertrag. Mastrieh, aus Polen und dessen
Nachbarländern bezogen, und ausländische Milchkühe wurden
auf besonderen Meiereien gehalten und die von letzteren ge-
wonnenen Käse und Butter entweder für die Hofhaltung ver-
braucht oder verkauft. Große Schweineheerden wanderten
im Herbst zur Eichelmast in die Wälder, bedeutend war
die Zahl der kurfürstlichen Schäfereien, weniger geschah für die
Pferdezucht, doch wurde zu Torgau ein Gestüt angelegt. In
dem Vorwerk Ostra bei Dresden sowie zu Annaburg wurde
eine Art von Musterwirthschaft eingerichtet, und wenn hier,
namentlich auf ersterem, die thätige „Mutter Anna“ selbst
gleichsam die Vorwirthschafterin machte, ihre Bienen und ihr
schönes Geflügel pflegte und eigenhändig für den Gemahl die
Butter wusch, und wenn der Kurfürst dort seinen Hopfen baute
oder den Garten bestellte, Obsibäume pfropfte oder über einen
neuen Pflug sann, so gingen diese Beschäftigungen doch weit
über die Bedentung bloßer fürstlicher Liebhabereien hinaus,
nicht allein indem sie den Flor der Kammergüter beförderten
und Andere zur Nacheiferung aureizten, sondern auch, indem
sie ganz wesentlich dazu beitrugen, die Arbeit des in den letzten
Zeiten und besonders seit der unscligen Erhebung von 1525
in Mißachtung gefallenen Bauernstandes wieder zu Ehren zu
bringen. Ungemein viel geschah für den Gartenbau und die
Obstbaumzuht; bei dem Mangel an einheimischen Gärtnern
wurden anfangs niederländische und französische, erst später
deutsche in Dienst genommen, allerlei nützliche Küchengewächse
und schöne Zierpflanzen, auch das im Rufe wunderbarer Heil-
kraft stehende Tabakskraut in den Girten angesiedelt. Noch
heute verehrt der blühende Obstbau Sachsens in August dank-
bar seinen ersten Pfleger; seine Erfahrungen über denuselben
legte er in seinem „künstlich Obst= und Gartenbüchlein"“ nieder.