Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

82 Kurfürst August. Die Städte. 
auch eine allgemeine Preissteigerung aller Lebensbedürfnisse, so 
daß die Hofleute sich beklagten, weil sie mit ihrem Gehalte 
nicht mehr auskämen. Da man die Ursache dieser Erscheinung 
ausschließlich in der großen Theuerung suchte, welche zu Ende 
der sechziger und Anfang der siebziger Jahre herrschte, so war 
es natürlich, daß man nach eingetretenem Abschlag der Getreide- 
preise die Schuld davon, daß die übrigen Bedürfnisse sich auf 
der früheren Höhe hielten, dem Eigennutz und der Habsucht 
der Prodncenten beimaß und der Kurfürst denselben durch Fest- 
setzung von Taxen für die Arbeitserzeugnisse der Handwerker 
zu steuern unternahm, was freilich den beabsichtigten Erfolg 
nicht haben konnte. Hebung des heruntergekommenen Bürger- 
thums bezweckte die Verbesserung des Zunft= und Innungs- 
wesens, wobei sich sein praktischer Blick darin bewährte, daß 
er, weunschon ohne sich zu wirklich reformatorischen Ideen zu 
erheben, wenigstens der Engherzigkeit der Zunftgenossen zu Gunsten 
der Benachtheiligten mehrfach entgegentrat, die Herbeiziehung 
von Gewerbtreibenden aus dem Auslande, sowie die Fürsorge 
für die Wehrhaftigkeit der Bürger, an deren Armbrustschießen 
der Kurfürst sich gern persönlich betheiligte. Unter den städtischen 
Gewerben kam besonders das Brauwesen empor, freiberger 
und zschopauer Bier ging bis Wien und Innsbruck; der in 
Folge der verbesserten Destillirtunst gestiegene Branntwein- 
verbrauch wurde auf den öffentlichen Ausschank auf dem Markte 
beschränkt. Der ganze Marktverkehr war noch so unausgebildet, 
daß, wenn zahlreicher Besuch bei Hofe zu erwarten stand, wegen 
Versorgung der Hauptstadt mit Lebensmitteln besondere Ver- 
ordunng erging. Den Hauptgewinn zogen die Städte von 
dem Aufblühen der Industrie. Nicht sowohl die Verbote gegen 
die Ausfuhr des Rohmaterials, der Wolle, des Flachses, des 
Hanfes waren es, durch welche August Sachsen zum ersten 
Industrielande des Reiches erhob, sondern hauptsächlich die 
gastliche Aufnahme, die er den vor Albas Henkerschwert ge- 
flohenen Niederländern gewährte. Sie lohnten ihrem neuen 
Vaterlande durch ihren Fleiß und ihre Geschicklichkeit; durch 
sie hob sich die Wollenweberei so, daß meißnische Tuche bald
	        
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