Industrie. Handel. 83
weit und breit gesucht wurden. August selbst und sein zum
Theil von ihm gekleideter Hofstaat trugen nur inländisches
Fabrikat. Aus den Niederlanden kam auch die später für
Sachsen so wichtige Baumwollenmanufactur, deren Gewebe,
die Mousseline, man gemeiniglich Schleier nannte. Zwilliche,
Berkane, Damast, Barchent, selbst Sammt, Atlas, Seide
wurden im Lande, wenn auch durch Eingewanderte, fabricirt.
Die Zahl der Tuchmacher soll sich unter August um 18000, die
der Zeugmacher um 11000, der Leinen-, Zwillich= und Damast-
weber um 21000, der Spitzen= und Zwirnmacher um 9500
vermehrt haben. Das Spitzenklöppeln, bisher nur ein kunst-
fertiger Zeitvertreib vornehmer Frauen, wurde bereits vor
1561 durch Barbara Uttmann, geb. v. Elterlein, für die
weibliche Bevölkerung des Erzgebirges ein einträglicher und bei
dem schwieriger werdenden Abbau des Silbers doppelt wichtiger
Erwerbszweig-7).
Eine so lebhafte Production von Waaren der verschieden-
sten Art setzt nothwendigerweise einen entsprechenden Absatz,
einen ausgebreiteten Handel voraus, und unstreitig zeigte der
Umstand, daß Sachsen weder durch die Abnahme des italieni-
schen Welthandels noch durch das gleichzeitige Sinken der
Hansa, noch auch durch den Fall Antwerpens und die von den
Holländern ausgehende Sperrung des Rheins, jene drei Schläge,
denen damals der Handel des übrigen Deutschlands erlag,
unmittelbar berührt wurde, die commercielle Blüthe unseres
Landes in doppelt glänzender Beleuchtung. Tuche, leinene und
baumwollene Zeuche, Eisen= und irdene Waaren, Wein, Erz,
Holz, für welches Dresden, Grimma u. a. Stapelplätze waren,
Waid, der seine Niederlage in Großenhain hatte, und blaue
Mineralfarbe mögen die vorzüglichsten Ausfuhrartikel gewesen
sein. Der Wucher wurde gesetzlich verboten, der Zinsfuß,
jedoch mit Berücksichtigung des Wechselhandels auf 5 Procent
herabgesetzt, dem Wucherer die gerichtliche Hilfe entzogen, auch
die öffentliche Sicherheit wider Placker und Befehder geschützt.
Daß die Interessen des sächsischen und überhaupt des deutschen
1) Archiv f. sächs. Gesch. IV, 420 ff.
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