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Bestimmungen, die schon durch das Polizeiverordnungsrecht des Senats
gedeckt sind, enthalten. Doch können sie auf Grund der ausdrücklichen
Ermächtigung auch andern gesetzlichen Inhalt haben.
§ 66. Der Weg der Gesetzgebung.
I. Die Gesetzesinitiative, das Vorschlagsrecht neuer gesetz-
licher Bestimmungen, steht Senat und Bürgerschaft in gleicher Weise
zu. Anträge einzelner Bürgerschaftsmitglieder bedürfen wie stets der
Unterstützung von fünf Mitgliedern. Amendiert das eine Organ
einen von dem andern angenommenen Entwurf, so hat dieses über
die Anderungen von neuem zu beschließen. Zur Feststellung des
Gesetzesinhalts ist vollkommene Übereinstimmung erforderlich.
Der übereinstimmende Beschluß von Senat und Bürgerschaft
über den Gesetzesinhalt enthält zugleich die Anordnung, daß der
Inhalt Gesetz werden soll, die Sanktion. Die Verfassung erwähnt
die Sanktion nicht. Will man eine solche von der Feststellung des
Gesetzesinhalts unterscheiden und sieht in ihr den eigentlichen Aus-
druck des staatlichen Herrscherwillens, der nur von dem Träger der
Staatsgewalt ausgehen könne (Laband Bd. II § 55 S. 26), so er-
folgt die Sanktion durch Senat und Bürgerschaft als den gleich-
berechtigten Trägern der höchsten Staatsgewalt gemeinschaftlich. Das
Mitwirkungsrecht des Senats bei der Gesetzgebung ist abgesehen von
der unten zu erwähnenden Publikation das gleiche wie das der
Bürgerschaft. Der Senat ist nicht „der eigentliche Gesetzgeber“, der
nur zur Feststellung des Gesetzesinhalts des Einverständnisses der
Bürgerschaft bedarf. Allerdings spricht der Senat den Befehl aus;
er allein tritt wie überall handelnd nach außen auf. „Der Senat
verordnet im Einverständnis mit der Bürgerschaft.“!) Doch läßt
diese Publikationsformel erkennen, daß sich das Einverständnis der
Bürgerschaft nicht nur auf den Inhalt des Gesetzes, sondern auch
darauf, daß „der Senat verordnet“, d. h. den Gesetzesbefehl aus-
1) Aus den Eingangsworten „der Senat verordnet" läßt sich nichts dafür
entnehmen, daß der Senat auch allein sanktioniere und das Gesetz eigentlich
gebe; nach der Publikationsformel der Reichsgesetze verordnet der Kaiser im
Namen des Reiches und doch ist kein Zweifel, daß die Sanktion der Reichs-
gesetze vom Bundesrat erfolgt und der Kaiser den Sanktionsbeschluß nur
ausspricht, indem er die Befolgung befiehlt. Laband Bd. II S. 30, 32.