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reichsgesetzlicher Vorschriften: 1. das Rekursverfahren in Gewerbe—
sachen; Verwaltungsgericht ist die Senatskommission von 3 Mitgliedern
(Ges. v. 17. Nov. 1869 (S. 81); 2. das Verfahren bei Streitig-
keiten zwischen verschiedenen Armenverbänden vor der Senatskommission
für Angelegenheiten der Armenverbände (Ges. v. 2. Januar 1871
[S. 3); 18. Dez. 1877); 3. das Verfahren zur Entscheidung der
Bedürfnisfrage bei der Erteilung einer Wirtschaftskonzession; Ver-
waltungsgericht ist der Stadtausschuß, bezw. der Kreisausschuß, in
zweiter Instanz die Senatskommission für das Rekursverfahren in
Gewerbesachen (V. v. 3. Juli 1877 S. 107).
§ 72. Das Verhältnis der Verwaltung zur Justiz.
I. Zulässigkeit des Rechtswegs vor den Zivil-
gerichten gegenüber den Verwaltungsbehörden. Die
Reichsgesetze stecken die Grenzen für den Rechtsweg vor den ordent-
lichen Gerichten nicht ab. Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (§ 13)
gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitig-
keiten und Strafsachen, für welche nicht die Zuständigkeit von Ver-
waltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist. Der
Begriff der „bürgerlichen Rechtsstreitigkeit“ wird nicht definiert; er
wird als ein gegebener vorausgesetzt. Für die Bestimmung einer
Sache als bürgerlicher Rechtsstreitigkeit sind darnach in erster Linie
die einschlägigen Reichsgesetze, in zweiter Linie das Landesrecht maß-
gebend.))
Nach der Bremischen Verfassung (§ 15) steht „jedem, der
sich durch eine Verwaltungsmaßregel in seinen Privat-
rechten gekränkt glaubt,“ der Rechtsweg offen.") Damit ist
eine weitgehende Kontrolle der Gerichte über die Verwaltung gegeben.
Die Zulässigkeit des Rechtsweges setzt nur Verletzung eines Privat-
rechts voraus; es ist nicht erforderlich, daß ein privatrechtliches Ver-
1) So ausdrücklich die Motive z. G. V. G. S. 32; Entsch. des Reichs-
gerichts Bd. V S. 36; Laband, Bd. III § 84 S. 358.
2) Ahnlich nur mit Einschränkung f. Hamburg Verhältnisgesetz v. 1879
§ 24 Abs. 2. — Das Reichsgericht nimmt auch, wo eine Bestimmung wie in
der Bremischen Verfassung fehlt, bei Privatrechtsverletzung den Rechtsweg als
gegeben an, vor allem auch bei vermögensrechtlichen Fragen auch wenn der
Grund ein öffentlichrechtlicher ist. „Solche Ansprüche gehören begriffsmäßig
in's Privatrecht.“ R. G. Bd. 22 S. 285; Bd. 25 S. 325; Bd. 15 S. 40.