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II. Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden in
Zivil= und Strafsachen. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und
Strafsachen unterliegen der Entscheidung der Gerichte; grundsätzlich
sind sie der Kognition der Verwaltungsbehörden entzogen. Aus-
nahmsweise ist aus Zweckmäßigkeitsgründen eine provisorische
Entscheidung durch Verwaltungsbehörden zugelassen.
1. In Zivilsachen gehört hierher kraft Reichsrechtes z. B.
die Befugnis der Polizei Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten
über die Preise, die der Seemannsämter Streitigkeiten zwischen Schiffer
und Mannschaft unter Vorbehalt des Rechtsweges zu entscheiden
(Gew. O. § 75; Seemannsordnung § 130). Nach Landesrecht kann
die Polizei bei Streitigkeiten zwischen Herrschaften und Dienstboten
auf Antrag eines Beteiligten einschreiten und einstweilige Verfügungen
erlassen insbesondere zur Aufrechterhaltung der häuslichen Ordnung
(Gesindéordnung vom 18. Juli 1899 § 6); ferner provisorische Ent-
scheidung der Polizeibehörden über Ansprüche der Armenverbände gegen
unterstützungspflichtige Verwandte eines Hilfsbedürftigen (Ges. vom
4. September 1884 § 2—4).
2. In Strafsachen gestattet die Reichsstrafprozeßordnung
8 453 ff. der Landesgesetzgebung in bestimmten Grenzen den Polizei-
und Finanzbehörden die Verhängung von Strafen zu übertragen.))
Die Bremische Landesgesetzgebung hat davon Gebrauch gemacht:
a) Die Polizeidirektion zu Bremen, die Medizinalämter, der
Landherr, die Amter in den Hafenstädten können im Bereich ihrer
Zuständigkeit wegen Übertretungen durch Strafverfügung
auf Haft bis zu vierzehn Tagen, auf Geldstrafe, auf die an Stelle
der Geldstrafe tretende Haft und auf die etwa verwirkte Einziehung
erkennen (Ausf. G. zu den Prozeßgesetzen v. 25. Juni 1879 § 94;
ek.# auch § 95, abgekürztes Verfahren ohne Vernehmung des Be-
schuldigten). Die gleiche Befugnis haben der Stadtrat in Bremer-
haven in Bezug auf die ihm zugewiesene Polizeiverwaltung (V. vom
25. März 1892 § 3, oben § 46), ferner die Gemeindevorsteher der
Landgemeinden in ihrer polizeilichen Zuständigkeit, diese aber mit der
Beschränkung, daß sie nur Geldstrafen bis zwanzig Mark und eine
etwa verwirkte Einziehung verhängen können (Landgemeindeordnung
1) Schon früher galt ähnliches nach der Bremischen Strafprozeßordnung
v. 26. Dez. 1870 § 23 ff.