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sozialistischen Zwecken. Bei der Anzeige haben sich sämtliche
Veranstalter der Versammlung zu nennen und zur Mitwirkung bei
Aufrechterhalung der Ordnung zu verpflichten; diese Pflicht liegt
gesetzlich den Leitern der Versammlung ebenfalls ob. Die Polizei-
behörde kann die anzeigepflichtigen Versammlungen über wachen
lassen. Die überwachenden Beamten, denen angemessene Plätze an-
zuweisen sind, können die Versammlung auflösen:
a) wenn die vorgeschriebene Anzeige nicht erfolgte;
b) wenn Bewaffnete teilnehmen;
c) wenn in den vorkommenden Verhandlungen eine Aufforderung
oder Anreizung zu strafbaren Handlungen enthalten ist.
Die Erklärung der Auflösung hat zur Folge, daß sämtliche
Anwesenden bei Meidung von Strafe sofort das Lokal verlassen
müssen (Gesetz § 3, 4).1)
Unterlassung der Anzeige, Teilnahme an nicht gehörig angezeigten
Versammlungen bei Kenntnis des Mangels, unrichtige Angaben bei
der Anzeige sind auch hier unter Strafe gestellt (Gesetz 8 4—6; auch
Wirte und Lokalinhaber § 5).
Die Preßpolizei oben § 10 S. 32.
8 78. Die Fremdenpolizei.
Die Freizügigkeit ist reichsgesetzlich gewährleistet (Gesetz v. 1. Nov.
1867 oben S. 31). Das Paßwesen ist geregelt durch Gesetz des
Norddeutschen Bundes v. 12. Okt. 1867, das den Paßzwang und
die früher bestehende Pflicht der Fremden zur Lösung von Aufenthalts-
karten aufhob.
Das Meldewesen unterliegt landespolizeilichen Vorschriften;
für die Stadt Bremen V. des Senats betr. die polizeilichen An-
meldungen v. 17. Dez. 1884 (S. 143); Ausführungsbestimmungen
G. Meyer, Verwaltungsrecht Bd. 1 § 62 S. 190. In Preußen sind sie aus-
drücklich auf Vereinsversammlungen ausgedehnt.
Nach übereinstimmenden Beschlüssen von Senat und Bürgerschaft sind
Versammlungen der Mitglieder der Bürgerschaft zur Vor-
besprechung der Angelegenheiten ihrer verfassungsmäßigen Wirksamkeit keine
politischen Versammlungen im Sinne des Gesetzes. Verh. 1871 S. 99 u. 124.
1) Es besteht kein Privatrecht auf Einberufung oder Abhaltung einer
Versammlung. Bei Verletzung der Bestimmungen durch die Behörde ist der
Rechtsweg nicht zulässig. Hans. G. Ztg. 1892 n. 135.