Full text: Bremisches Staats- und Verwaltungsrecht.

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liegen die Verhältnisse zum Teil anders; die Deputationen sind dort 
nicht einfach gemeinschaftliche Ausschüsse von Senat und Bürgerschaft; 
außerdem sieht die Verfassung von Lübeck (Art. 18) im Gegensatz 
zu § 56 der Bremer Verfassung (oben), die Verwaltung durch den 
Senat als Regel vor: „Dem Senate allein ist die Leitung sämtlicher 
Staatsangelegenheiten anvertraut, insoweit nicht die nachfolgenden Be- 
stimmungen eine Mitwirkung oder Zustimmung der Bürgerschaft in ihrer 
Gesamtheit oder des Bürgerausschusses ausdrücklich vorschreiben.“ Gegen 
die allgemeinen Gründe von Melle's ist zu bemerken: Es handelt sich 
hier nicht um die Frage, ob die faktische Machtstellung von Senat und 
Bürgerschaft genau gleich ist, ob der Senat tatsächlich das Übergewicht 
hat; dies fällt über die rechtliche Untersuchung hinaus; es ist politische 
Betrachtung..) Den Ausschlag für die andere Meinung kann auch 
nicht die Hervorhebung geben, daß der Senat „die Regierung“ sei, 
auch in der Bremischen Verfassung § 57 Abs. 1 so bezeichnet werde 
(v. Melle, a. a. O. S. 41 Anm. 2; Seelig, S. 66). Der Aus- 
druck Regierung besagt in dem Zusammenhang nur, daß der Senat 
die leitende, vollziehende, ausführende Gewalt handhabt;m) daß der 
Senat mit dieser Bezeichnung der Landesregierung eines monarchischen 
Staates gleichgestellt sei, wäre erst zu beweisen. 
Freilich ist durch die Zugehörigkeit zum deutschen Reich die 
faktische Machtstellung des Senats bedeutend erhöht. Im deutschen 
Reich ist der Senat in die Gesellschaft der Monarchen gekommen. 
Die Mitregentschaftsrechte am Reich übt er allein aus ohne Mit- 
wirkung der Bürgerschaft, tatsächlich und rechtlich ist er dabei den 
Fürsten der konstitutionellen Monarchien gleichgestellt. Ferner sind 
auf den Gebieten der Reichsgesetzgebung, auf denen das Reich den 
Einzelstaaten die Verwaltung übertragen hat, dem Senat eine Reihe 
wichtigster Verwaltungsaufgaben zugefallen, deren Erledigung nach 
der ratio des inneren Landesstaatsrechts gemeinschaftliche Sache von 
Senat und Bürgerschaft sein würde. Aber dieser Machtzuwachs des 
Senats in Reichsangelegenheiten hat für das bremische Landesstaats- 
recht den Rechtsgrundsatz nicht ändern können, daß die höchste Staats- 
gewalt bei Senat und Bürgerschaft gemeinschaftlich liegt. 
1) Rehm, Allgemeine Staatslehre § 45. 
2) Der Senat ist „Landesregierung“ auch im Sinne der Reichsgesetze 
als Inhaber der Exekutive, so Entsch. das Hans. Oberlandesgerichts in 
Hans. G. Ztg. 1889 Nr. 122; 1893 Nr. 98.
	        
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