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Ihre disziplinarische Verantwortlichkeit richtet sich nicht nach den
Vorschriften des Beamtengesetzes, sondern nach der in der Norm
übrigens übereinstimmenden Vorschrift des 8 20 des Senatsgesetzes?):
„Wer sich beharrlich weigert, den ihm als Mitglied des Senats
gesetzlich oder in Gemäßheit der Geschäftsordnung obliegenden Ver—
pflichtungen nachzukommen oder der Pflicht zur Geheimhaltung eines
Gegenstandes zuwiderhandelt oder die dem Senat oder seiner Stellung
schuldige Achtung gröblich verletzt, kann zum Austritt aus dem Senat
genötigt werden.“ Auf das Verfahren sind die Bestimmungen des
Beamtengesetzes bezüglich des Disziplinarverfahrens für verwendbar
erklärt (Gesetz vom 1. Februar 1894 8 134). Zweifellos handelt es
sich um eine echte disziplinarische Verantwortlichkeit. Die Besonderheit
ist nur, daß einzige Rechtsfolge die Nötigung zum Austritt aus dem
Senat ist. Die andern Disziplinarstrafen, Verweis, Geldstrafen,
Strafversetzung, sind infolge der besonderen Stellung des Senats-
mitgliedes ausgeschlossen.
Eine parlamentarische Verantwortlichkeit des Senats und seiner
Mitglieder, inhalts deren die Bürgerschaft sie zur Rechenschaft ziehen
konnte, bestimmte die Verfassung von 1849 § 124, wohl um damit
einer Lieblingsidee der damaligen Doktrin zu huldigen. Eine der-
artige Ministerverantwortlichkeit paßt zu der Stellung des Senats
im Staat, zu der Lebenslänglichkeit der Mitgliedschaft schlechterdings
nicht. Die Verfassung von 1854 hat sie mit Recht fallen lassen.
8 16. Die Bürgermeister.
Das alte Staatswesen vor 1849 kannte vier auf Lebenszeit
gewählte Bürgermeister, unter denen das Präsidium abwechselte.
Nach der heutigen Verfassung sind zwei Mitglieder des Senats
Bürgermeister; sie werden auf einen Zeitraum von vier Jahren,
beginnend mit Anfang eines Jahres, vom Senat gewählt; alle zwei
Jahre geht einer ab. Der Abgehende kann nicht sofort wieder ge—
2) In Lübeck (Gesetz, das Austreten aus dem Senat betr., 8 3) in ähn—
lichen Fällen wie in Bremen Nötigung zum Austritt aus dem Senat; über
das Vorliegen der Voraussetzungen entscheidet der Senat selbst durch Beschluß;
weigert sich der Betroffene auch dann noch, so ist gerichtliche Entscheidung
einzuholen. In Hamburg statuiert Art. 27 der Verfassung eine Verantwortlich-
keit der Senatoren; das dort vorgesehene Gesetz zur Geltendmachung der
Verantwortung ist nicht ergangen.