Full text: Bremisches Staats- und Verwaltungsrecht.

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geschehen. Ueber das Verfahren enthält die Geschäftsordnung (8 73) 
nähere Bestimmung. Die Bürgerschaft entscheidet über die Anfechtung; 
sie übt dabei eine richterliche Funktion, bei der rechtliche, nicht partei- 
politische Gründe ausschlaggebend sein sollen. 
Bei Anfechtung der Gültigkeit einer Wahl kann die Entscheidung 
nur auf Gültigkeit oder Ungültigkeit gehen.:) In letzterm Falle hat 
eine Neuwahl stattzufinden. 
Die Anfechtung der Feststellung des Wahlergebnisses durch die 
Deputation kann auch direkt zu einer Anderung des Wahlresultates 
durch die Bürgerschaft führen, indem sie z. B. feststellt, daß ein 
anderer gewählt sei, daß eine Stichwahl stattzufinden hat, daß bei 
einer Wahl mehrerer Vertreter die Mandatsdauer eine andere ist.?) 
B. Die Rechtsstellung 
der Würgerschaftomitglieder 
25. 
I. Die Mitglieder der Bürgerschaft sind Vertreter des ganzen 
Volkes; auch die von den Berufsgruppen gewählten Vertreter haben 
nicht ihre Berufsinteressen, sondern das Wohl des Ganzen als höchstes 
Ziel im Auge zu halten. Die Absonderung der Berufsklassen soll 
nur gewährleisten, daß diese für den Staat wichtigsten Erwerbszweige 
sämtlich alle Zeit hinreichend vertreten sind, damit nicht zum Nachteil 
des Ganzen die Interessen des einen Schaden leiden. „Das Gesetz 
und ihre Wahl sind ihre Vollmacht, ihre Überzeugung und ihre An- 
sicht vom gemeinen Besten der Stadt ihre Instruktion, ihr Gewissen 
aber die Behörde, der sie deshalb Rechenschaft zu geben haben.“) 
Dem Gewählten steht es frei, die Wahl in die Bürgerschaft ab- 
zulehnen; ein Zwang wie in Hamburg (Verf. Art. 34) existiert 
nicht. Lehnt der Gewählte aber nicht ab, so treffen ihn eine Reihe 
  
  
1) Die Ungültigkeitserklärung setzt voraus: a) daß eine Ungesetzlichkeit 
festgestellt ist; b) daß diese für das Resultat kausal gewesen sein kann. Die 
Anfechtung führt also regelmäßig nur bei kleiner Stimmendifferenz zum Ziel. 
2) Dieses Recht der Bürgerschaft, das Wahlergebnis zu rektifizieren, ist 
eine Besonderheit Bremischen Rechts und nicht unbedenklich. 
3) Preußische Städteordnung von 1808 § 108. — Verf. 8 44.
	        
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