Full text: Bremisches Staats- und Verwaltungsrecht.

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Wille allein gilt nie als Staatswille; nach außen tritt sie nicht 
handelnd als Staatsorgan auf. Das Gebiet der Alleintätigkeit, das 
die Verfassung dem Senat zuweist, fehlt bei ihr. Nur sind ihr 
einige formelle Befugnisse, deren Wirkung sich über das Innere des 
Organismus nicht erstreckt, allein zugeschrieben. Zu diesen allgemeinen 
parlamentarischen Funktionen gehören: 
1. Nach der Verfassung (§ 64) hat die Bürgerschaft auf Aufrecht- 
erhaltung der Verfassung, der Gesetze und Staatseinrichtungen zu 
halten und auf ihre zeitgemäße Entwicklung und Beseitigung von 
Mängeln hinzuwirken. 
Zur Ausübung dieser Kontrolle, die sich auch auf die Exekutive 
und die dem Senat vorbehaltenen Verwaltungsgebiete erstreckt, hat 
die Bürgerschaft das in manchen Verfassungen ausdrücklich erwähnte 
Interpellationsrechtt): sie kann vom Senat Auskunft über 
alle Staatsangelegenheiten verlangen; der Senat kann Auskunft in 
der Sache selbst aus politischen Gründen verweigern. Ein Recht, 
von anderen Behörden direkt Auskunft oder Bericht zu verlangen, 
hat die Bürgerschaft nicht; sie ersucht den Senat, einen Bericht der 
Deputation usw. zu veranlassen. Ebensowenig kann die Bürgerschaft in 
die Verwaltung durch Erteilung von Vorschriften an Behörden oder 
Beamte eingreifen. 
Als Mittel, auf zeitgemäße Entwicklung des Staatswesens hin- 
zuwirken, steht der Bürgerschaft ferner das Recht der Initiative 
zu: sie kann Gesetze vorschlagen, auf andere gemeinsame Beschlüsse 
antragen. 
2. Die Bürgerschaft hat die kollegialen Rechte der 
Parlamente, ihre eigenen inneren Angelegenheiten selbständig zu 
ordnen. Sie prüft die Legitimation ihrer Mitglieder, konstituiert sich 
durch Wahl von Geschäftsvorstand und Bürgeramt und stellt ihre 
Geschäftsordnung fest, die dem Senat zur Geltendmachung des Ein- 
spruches gegen etwaige verfassungs= oder gesetzwidrige Bestimmungen 
mitzuteilen ist (Verf. § 55). Die Geschäftsordnung hat nicht Gesetzes- 
kraft; ihre Bestimmungen können das Gesetz nicht ändern. 
1) So Hamburger Verfassung Art. 56, Lübecker Verfassung Art. 45.— 
Auch die Verfassung von 1849 § 124 erwähnte es ausdrücklich; bei der 
Revision strich man die Bestimmung als selbstverständlich (Verh. 1852 S. 370).
	        
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