g 365 Folgen der Pflichtverletzung; Haftung des Staates für seine Beamten. 95
auf ein Verschulden ihrer Organe ersatzpflichtig für den bei Tumulten und ähnlichen
Anlässen angerichteten Schaden an Privateigentum (Brem. G. v. 10. Dez. 1849,
S. 267). Von dieser Haftung des Staates für rechtswidrige Handlungen sei-
ner Organe ist wohl zu trennen seine Ersatzpflicht bei rechtmäßigen Eingriffen:
oben S. 31.
a) Für einen bei Ausführung privatrechtlicher Verrich-
tungen begangenen Schaden ihrer Angestellten haften Staat und Gemeinde
nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, also in Vertragsverhältnissen nach
BGB. F 278 für ein Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen, außervertraglich nach
§ 831 BG#B. mit der Möglichkeit, sich zu exkulpieren, ferner nach BGB. § 31, 89
für den durch einen verfassungsmäßig berufenen Vertreter angerichteten Schaden ½).
Das Nähere gehört in das Zivilrecht.
b) Hat der Beamte dagegen „in Ausübung der ihm anvertrau-
ten öffentlichen Gewalt“ gehandelt, so unterliegt die Haftung von Staat
und Gemeinde dem öffentlichen Recht; das Bürgerliche Gesetzbuch hat die Rege-
lung daher dem Landesrecht überlassen (EG. Art. 77). In Bremen besteht
eine allgemeine Haftung des Staates und der Gemeinden für den von ihren Be-
amten in Ausübung der öffentlichen Gewalt angerichteten Schaden nicht; landes-
gesetzliche Bestimmungen fehlen; das gemeine Recht erkennt solche Haftung nicht an 2).
Dagegen hat Lübeck nach dem Vorgange des Reiches und anderer deutscher
Staaten die Haftung von Staat und Gemeinde für solche Handlungen ihrer Beamten
durch besonderes G. v. 17. Febr. 1912 (S. 78) geregelt 2). Danach haften der
Staat und die Gemeinden an Stelle des Beamten, falls dieser in Ausübung der ihm
anvertrauten öffentlichen Gewalt vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten
gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, diesem in Gemäßheit des § 839 BGB. ).
Darüber hinaus haben sie einen Schaden auch zu ersetzen, wenn die Verantwortlichkeit
des Beamten ausgeschlossen ist, weil er im Zustande der Bewußtlosigkeit oder einer
die freie Willensbestimmung ausschließenden krankhaften Störung der Geistestätig-
keit gehandelt hat, jedoch nur in dem Maße, als ob dem Beamten Fahrlässigkeit zur
Last fiele, und soweit die Schadloshaltung der Billigkeit entspricht. Der Staat kann
von dem Beamten Erstattung des ihm durch diese Verantwortlichkeit erwachsenen
wiesen auf die Kommentare zum BGB. und Fleiner, Institutionen: 5& 4, J 16, S. 231f.;
ferner RG. Bd. 78, S. 325 (Brem. Sache).
1) Die Deputationen sind verfassungsmäßige Vertreter des Staates im Sinne von BGB.
8 31, 89: HGZ. 1909, n. 56; auch R. Bd. 64, S. 403. Wegen der Beamten im übrigen z. B.
RG. Bd. 53, S. 280; Bd. 62, S. 31; Bd. 74, S. 23, 250.
2) So im allgemeinen: RG. Bd. 11, S. 206; Bd. 33, S. 206; HG. 1907, HGZ. n. 43,
1909, u. 95 (Hamb. S.); speziell f. Bremen: HG#Z. 1911, n. 115; RG. Bd. 78, S. 326. Für ein
Verschulden der Grundbuchbeamten haftet der Staat nach der Sonderbestimmung des §& 12 der
Grundbuchordnung. Nach dem Brem. A. zur GBdO. v. 18. Juli 1899 5 10 hat der Beamte dem
Staat den diesem daraus erwachsenen Schaden zu erstatten; bei leichterem Verschulden des Be-
amten kann der Senat den Ersatzanspruch ermäßigen oder fortfallen lassen. — Ferner Haftung
der Stadtgemeinde Bremerhaven an Stelle des Berufsvormundes nach O. v. 23. Juli 1913 (S. 314).
3) Vorbild war das preußische Ges. v. 1. Aug. 1909 und das R. v. 22. Mai 1910. In Ham-
burg hat der Senat im Dez. 1910 der Bürgerschaft eine ähnliche Vorlage, aber im Zusammenhang
mit Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit gemacht, über welche die Verhandlungen noch
nicht abgeschlossen sind. — Ueber den Beamtenbegriff dieses Gesetzes oben S. 94, Anm. 4.
4) Gemäß § 839 BG#. haftet also auch der Staat bei Fahrlässigkeit des Beamten nur subsidiär,
falls der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz erlangen kann usw. RG. Bd. 81, S. 430.