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der vorgesetzten Behörde und nach Anhörung des Beamten, dem Gelegenheit zur
Anbringung seiner Beweise zu geben ist (Brem. BG. F 44 ff.; Lüb. Pensionsgesetz
§ 17). Auch in diesem Falle ist die Entscheidung des Senats über die Versetzung
in den Ruhestand im Rechtswege nicht anfechtbar (oben S. 101).
Mit der Versetzung in den Ruhestand hört das Dienstverhältnis auf; ein Diszi-
plinarverfahren gegen pensionierte Beamte findet daher nicht mehr statt ½).
§ 38. Die richterlichen Beamten. Die Richter nehmen in mehrfacher Beziehung
eine Sonderstellung vor anderen Beamten ein; das Beamtengesetz findet in Bremen
und Lübeck auf sie keine Anwendung 2). Ihre Sonderstellung beruht einmal auf den
reichsrechtlichen Vorschriften, die ihre Unabhängigkeit zu sichern bezwecken, sie beruht
ferner — vor allem in Bremen — auf der speziellen geschichtlichen Entwicklung des
Richteramts; vgl. auch dazu oben § 29 Z. 1 über die besondere Entwicklung der
Justizverwaltung in Bremen.
1. Eigenartig ist in Bremen die Wahl der Richter geregelt. Ist
eine Richterstelle durch Neuwahl zu besetzen, so bilden Senat, Bürgerschaft und
Richterkollegium einen Wahlausschuß von 9 Mitgliedern, wozu sie je 3 Wahlmänner
aus ihrer Mitte und einen Stellvertreter wählen. Diese treten nach feierlicher Ab-
leistung eines Wahleides vor dem. Senat zu einer Wahlversammlung zusammen,
an der 9 Wahlmänner teilnehmen müssen, die dann mittelst absoluter Mehrheit die
Wahl vornimmt. Der Senat vollzieht die Ernennung des Gewählten (Näheres
Brem. AG. z. GVG. F 20 ff.; über die Hemmung der dort bestimmten Fristen
durch die Gerichtsferien: G. v. 20. Jan. 1884 (S. 1). Diese in Deutschland einzigartige
Form der Richterwahl erklärt sich geschichtlich; nach der Trennung der Justiz von der
Verwaltung ließ die Verfassungsgesetzgebung von 1849 die Mitglieder des Richter-
kollegiums ähnlich wie die des Senates durch Senat und Bürgerschaft gewählt werden;
die Verfassungsgesetzgebung von 1854 führte dann die Mitwirkung des Richter-
kollegiums bei der Wahl ein 3) (vgl. auch oben S. 79f). Ueber Bestellung von Hilfs-
richtern oben S. 86.
In Lübeck wählt und ernennt der Senat die Richter ).
2. Die Rechte der Richter entsprechen im wesentlichen denen anderer
Beamten. Zwischen Amts= und Landrichtern besteht ein Unterschied im Gehalt nicht,
1) Doch kann ein vorher begonnenes Verfahren fortgesetzt werden; es ist dann eventuell
ause ekust von Ditel und Ruhegehalt zu erkennen (Brem. B.G F. 78, Abs. 1, S. 2; Lüb. BG.
40, 1, S. 2).
2) Die Rechtsverhältnisse der Richter sind geregelt für Bremen im A. zum GW. v.
17. Mai 1879, II. Titel, 5 14—64 (S. 110). — Für Lübeck: A#. zum GG. v. 3. Febr. 1879,
* 1—8 (I, S. 300); Ges. die Gehalte der von Lübeck ernannten Richter und Gerichtsbeamten
betr. v. 21. April 1879 (I, S. 311); Ges. die Dienstvergehen der von Lübeck ernannten Richter
und Beamten der Staatsanwaltschaft und das Disziplinarverfahren gegen dieselben betr. v. 21.
April 1879 (I, S. 312). Einzelne Bestimmungen über die Richter am Landgericht sind in dem Ver-
trag mit Oldenburg Art 23 f. festgelegt; im übrigen beziehen sich die Lüb. Bestimmungen nur auf
die von Lübeck ernannten Richter am gemeinsamen Landgericht (oben § 30 II). — Ueber die Son-
derstellung der Richter in Hamburg: Seelig, Hamb. Bürgerschaft, S. 203 f. Jetzt gilt in
Hamburg über die Rechtsverhältnisse der Richter: AG. zum GG. v. 25. Febr. 1910, 5 34 f.
3) Brem. Ges. die richterlichen Behörden betr. v. 21. März 1849 (S. 102 f.); v. 21. Febr.
1854 (S. 49). In Hamburg wirkten bis 1879 die Mitglieder der Gerichte bei der Neuwahl von Rich-
tern durch Bildung eines Wahlaufsatzes mit.
4) Lüb. AG. v. 1879, § 4. Nahe Verwandtschaft und Schwägerschaft mit einem andern Mit-
glied des Landgerichts schließt hier von der Wahl zum Mitglied desselben Gerichts aus: das. § 5;
Vertrag mit Oldenburg Art. 23.