Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

8 41 Die bremischen Hafenstädte Bremerhaven und Vegesack. 111 
  
weder Grundeigentum in ihr besitzt oder einen bestimmten Mindestsatz an Miet- 
oder Personalsteuer entrichtet (Näheres St. V. § 6 ff.; wegen der Personalste ner- 
pflichtigen Zusatz zu § 9 durch G. v. 27. Febr. 1910, S. 51) 2). 
2. Gemeindeorgane sind die Stadtverordnetenversammlung und der 
Stadtrat. Die Stadtverordnetenversammlung faßt als Gemeinde- 
parlament zusammen mit dem Stadtrat die Gemeindebeschlüsse; sie kontrolliert die 
Verwaltung und kann zwecks Abstellung von Mängeln beim Senat Beschwerde 
erheben (Näheres über ihre Sitzungen StV. 8 50 ff.; über ihre Befugnisse §& 62 ff.). 
Die Stadtverordneten — in Vegesack 24, in Bremerhaven 30 — werden auf 4 Jahre 
mit halbschichtiger Erneuerung gewählt. Die Wahl geschieht in Bremerhaven in 3, 
in Vegesack in 2 Klassen nach der städtischen Steuerleistung (Näheres St V. F5 23. 
und über die Wahlen § 24 f.)2). Nicht wählbar sind u. a. Staatsaufsichtsbe amte, 
Polizeibeamte, besoldete Gemeindebeamte, Geistliche, aus Gemeindemitteln be- 
soldete Lehrer (St.V. § 21). 
Der Stadtrat ist im Innern Ortsobrigkeit und Verwalter der Gemeinde- 
angelegenheiten, nach außen ihr Vertreter; über seine Befugnisse im einzelnen. 
St. V. § 66—70. Er besteht aus 8 Mitgliedern, die öffentliche Beamte im weiteren 
Sinne sind. Ein oder mehrere Mitglieder können besoldet sein, in Bremerhaven 
muß ein besoldetes Mitglied die Fähigkeit zum Richteramt oder höheren Verwalt ungs- 
dienst besitzen 3). Ihre Wahl erfolgt durch die Stadtverordneten (St. V. § 39 ff.). 
Der Stadtrat wählt aus seiner Mitte den Stadtdirektor; die Wahl desselben 
bedarf der Bestätigung des Senats (St V. F44 ff.; über seine Befugnisse das. § 68). 
Der gemeinsame Beschluß beider Kollegien, Gemeindebeschluß, ist 
der höchste Ausdruck des Gemeindewillens. Eines Gemeindebeschlusses bedürfen vor 
allem die Ortsstatuten, die Gemeindegesetze. Sie sind ferner vom Senat 
zu bestätigen und in ortsüblicher Weise bekannt zu machen (St V. § 4, 62 n. 1) 4). 
Auch über das Gemeinderechnungswesen, Erhebung von Abgaben usw. ist durch Ge- 
meindebeschluß zu bestimmen (Näheres St V. 62 Z. 4 in der Fassung des G. v. 
31. Jan. 1902, S. 14). Ueber gemeinschaftliche Sitzungen beider Organe St V. 
§61 in Fassung vom 1. Juli 1881 und 7. Mai 1889; über Erledigung von Meinungs- 
verschiedenheiten unter ihnen durch den Senat das. § 63. 
Zur Mitwirkung bei der Verwaltung oder zur Erledigung einzelner Aufgaben 
werden städtische Kommissionen gebildet, die Hilfsorgane des Stadt- 
rats und diesem untergeordnet sind (St V. § 72 ff.) ). Die städtischen Be- 
1) Mit provisorischer Geltung vgl. Ges. v. 19. Febr. 1914 (S. 37). 
2) Wegen der Teilnahme der Personalsteuerpflichtigen an den Wahlen ferner der Zusatz 
zu § 23 durch Ges. v. 27. Febr. 1910 (S. 51). Ueber die Klasseneinteilung für Vegesack ferner Orts- 
statut v. 5. Nov. 1907 (S. 279); über die Zeit der Wahlen in Bremerhaven: O. v. 18. Jan. 1882 
(S. 14). 
3) Die Bestimmung des § 40, Abs. 3 St V., wonach ein besoldetes Mitglied höhere juri- 
stische Vorbildung besitzen muß, ist für Vegesack durch Ges. v. 4. Dez. 1894 (S. 273) geändert. Die 
unbesoldeten Mitglieder werden auf 8 Jahre gewählt, die besoldeten in Vegesack ebenfalls auf 8 Jahre 
(Ges. v. 4. Dez. 1894), in Bremerhaven auf 12 Jahre (St V. J5 40, 41). Ueber die Pensionsansprüche 
der besoldeten Mitglieder bei Nichtwiederwahl das. 8 47. 
4) Die wichtigeren Ortsstatute werden im Brem. Gl. veröffentlicht. Ueber die Publikation: 
für Bremerhaven O. v. 31. März 1880 (S. 42); für Vegesack: O. v. 17. Dez. 1881. Z 
5) Für Bremerhaven ferner: Ortsstatut betr. die Befugnisse und Geschäftsführung der städti- 
schen Kommissionen v. 30. Juli 1880 (S. 102). Ueber ihre Rechtsstellung: Schön, Das Recht 
der Kommunalverbände in Preußen, 5& 35 a.
	        
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