Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

134 Die Gesetzgebung. 8 50 
  
nicht beschränkt. Eine Schranke bildet aber auch hier das Gesetz, in dessen Bestimmun- 
gen die Polizeiverordnung nicht eingreifen darf 1). Zur Festsetzung von Gebühren 
in solchen Polizeiverordnungen ist der Senat nach der Lüb. Verf. Art. 50 IV in 
Fassung des G. v. 22. März 1911 (S. 82) nur berechtigt, soweit diese sich ausschließlich 
als ein Entgelt für die besondere staatliche Leistung darstellen, die durch die Verord- 
nung vorgeschrieben ist 2). 
Nicht eine Beschränkung des Polizeiverordnungsrechtes des Senats, aber eine 
Kontrolle gegen seine willkürliche Benutzung will die Brem. Verf. (§ 65) mit der Be- 
stimmung geben, daß die Bürgerschaft wegen der Gesetzmäßigkeit der vom Senat 
oder andern Behörden erlassenen Polizeiverordnungen dem Senat Vorstellungen 
machen und, wenn ihrer Ansicht nach die Vorschrift im Verordnungswege nicht habe 
erlassen werden dürfen, eine Entscheidung darüber nach den Vocschriften über Er- 
ledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Bürgerschaft herbei- 
führen kann (oben § 26) #). 
Der Senat kann das Recht zum Erlaß von Polizeiverordnungen anderen Be- 
hörden weiter delegieren; er hat solche Delegation auch in großem Umfange an die 
Polizeibehörden vorgenommen, zumeist stillschweigend, ohne ausdrückliche Erklä- 
rung ). Ueber das Recht der Gemeindevorsteher der bremischen Landgemeinden 
und der Gemeindeversammlung der lübeckischen Landgemeinden zum Erlaß von 
Polizeiverordnungen: oben S. 117. 
3. Der Senat kann Verordnungen zur Handhabung bestehender Gesetze, sog. 
Aussührungsverordnungen, erlassen; in Lübeck hat er dabei „stets 
das Gesetz zu bezeichnen, um dessen Handhabung es sich handelt“ (Brem. Verfs. 857 1; 
Lüb. Verf. Art. 50 III). Diese Ausführungsverordnungen können sowohl bloße 
Verwaltungsvorschriften für die Behörden enthalten, als auch für die Untertanen 
verbindliche Anordnungen, letztere jedoch mit der Einschränkung, daß sie nicht neue 
Rechte und Pflichten begründen, sondern nur im Rahmen des Gesetzes seinen Inhalt 
näher begrenzen können 5). Dieses Recht zum Erlaß von Ausführungsverordnungen 
ist in den kleinen Staaten, wo der Gesetzgeber selbst in der Lage ist, die Details unter 
1) Ein Beispiel bildet die V. des Lüb. Senats betr. Verbot des Streikpostenstehens v. 21. 
April 1900 (S. 145), die vom Reichsgericht als mit der durch § 152 der Gew. O. gewährleisteten 
ee in Widerspruch stehend für ungültig erklärt wurde (RG. in Straffs., Bd. 34, S. 
1). 
2) Den Anlaß zu der Novelle gab die Differenz wegen der Befugnis des Senats, Gebühren 
für Ausstellung von Radfahrkarten durch Verordnung aufzuerlegen. Die Begrenzung dürfte all- 
gemeinen Grundsätzen entsprechen und daher auch für Bremen gelten. 
3) Nach der Brem. Verf. v. 1849, § 125 konnte die Bürgerschaft Zurücknahme der vom Senat 
erlassenen Polizeiverordnungen fordern. Schon bei den Verf.-Verh. 1818, S. 184 f. wollte die 
Bürgerschaft nur ein provisorisches Polizeiverordnungsrecht des Senats anerkennen. 
4) Ueber die Berechtigung des Brem. Senats zu solcher Delegation: Hans. Entsch. in Strafs., 
Bd. III, S. 21. Ueber die örtliche Zuständigkeit der Polizeibehörden in Bremen zum Erlaß von 
Polizeiverordnungen: das. Bd. III, S. 316. — Ueber stillschweigende Delegation des Rechtes 
an das Polizeiamt in Lübeck: das. Bd. I, S. 354 f. 
5) Die von mir in meinem Brem. St.= und Verw.-R., S. 171 f. — ebenso Sievers, 
Brem. StR., S. 76 — vertretene Ansicht, daß der § 571 der Brem. Verf. nur Verwaltungsver- 
ordnungen im Auge habe, vermag ich nicht aufrecht zu erhalten. Daß Ausführungsverordnungen 
mit der hervorgehobenen Beschränkung auch Rechtsvorschriften enthalten können, entspricht ietzt 
der herrschenden Meinung: Laband, StR.= II, S. 88t;: Meyer-Anschütz St.“ S. 
573, Anm. 8. — In Lübeck gilt die oben erwähnte Beschränkung über Festsetzung von Gebühren 
auch für Ausführungsverordnungen (Ges. v. 22. März 1911, S. 82).
	        
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