Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

8 54 Zwangsmittel der Verwaltung. 149 
  
mögen erfolgt auf Grund des von der Verwaltungsbehörde ausgefertigten Titels 
auf gerichtlichem Wege. 
Auch die dem Reich oder anderen deutschen Staaten geschuldeten öffentlichen 
Geldleistungen können in dieser Weise beigetrieben werden. Nach dem Reichsgesetz 
vom 9. Juni 1895 haben die Behörden der verschiedenen Bundesstaaten einander 
bei Einziehung öffentlicher Abgaben und Vermögensstrafen Beistand zu leisten 1). 
IV. Unmittelbaren Zwang gegen die Person oder das 
Vermögen endlich können die Verwaltungsbehörden — insbesondere die Poli- 
zeibehörden im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgabe, Gefahren vom Gemeinwesen 
abzuwenden, — anwenden, wenn der Schutz der öffentlichen Interessen es erfordert 
und andere Mittel fehlen oder nicht zum Ziele führen 2). So kann die Polizei einen 
verbotenen Gewerbebetrieb schließen, Personen zur Auskunftserteilung vorführen, 
zur Verhinderung von Verbrechen mit Gewalt einschreiten. Die Gesetze enthalten 
hierzu nur einzelne Bestimmungen. So sind in Lübeck die Polizeibehörden ausdrück- 
lich ermächtigt, Gegenstände, von denen ein gemeingefährlicher Gebrauch zu befürch- 
ten ist, in Verwahrung zu nehmen und, wenn ihre Aufbewahrung untunlich ist, zu 
vernichten; ferner können sie Personen in Verwahrung nehmen, wenn deren eigener 
Schutz oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit diese Maß- 
regel erfordert 2). Obgleich in Bremen entsprechende Bestimmungen fehlen, kann 
trotz Anerkennung der persönlichen Freiheit in der Verfassung an der Zulässigkeit 
gleicher Maßregeln der Präventivpolizei, soweit sie zur Abwendung von Gefahren 
im öffentlichen Interesse notwendig sind, nicht gezweifelt werden 0. 
Unmittelbare Gewaltanwendung kann auch erforderlich sein, um die ungestörte 
Ausübung der Verwaltungstätigkeit der Behörden zu ermöglichen. Dagegen geht 
über solche Schutzmaßregel hinaus die Befugnis der Behörden, wegen Störung ihrer 
Sitzungen Ordnungsstrafen zu verhängen. Sie bedarf daher der gesetzlichen Grund- 
lage, die in Lübeck durch die allgemeine Bestimmung gegeben ist, daß die Verwaltungs- 
behörden wegen Ungebühr in ihren Sitzungen Ordnungsstrafen gemäß GVG. F 179 
bis 181 verhängen können (Lüb. G. v. 16. Juni 1879 5 11; gegen die Festsetzung der 
Strafe Beschwerde an den Senat binnen 2 Wochen). 
Eine Maßregel des Verwaltungszwanges — und daher unberührt durch die 
Bestimmungen des Strafgesetzbuches der landesrechtlichen Regelung vorbehalten — 
ist auch die Anwendung des Arbeitszwanges gegen Empfänger öffentlicher Armen— 
unterstützung, der in beiden Staaten neuerdings gesetzlich geregelt ist (unten 8 60 III). 
1) Dazu auch Brem. Ges. betr. die Zwangsvollstreckung im Verwaltungswege auf Antrag 
auswärtiger Behörden v. 25. Juni 1883 (S. 57). 
2) Dazu O. Mayer, Verw.-R., Bd. I, S. 340; Fleiner, Institutionen", S. 202f. 
3) Näheres Lüb. Ges. v. 20. Juni 1879, z3, 4; die in Verwahrung genommenen Personen 
sind spätestens am nächsten Werktage zu entlassen, wenn das Schutzbedürfnis nicht noch fortbesteht. 
Aehnlich Hamb. Verhältnisgesetz v. 1879, § 21, 22. 
4) Es liegt eine Notwehr oder ein Notstand der Allgemeinheit vor, dem die Polizei kraft ihrer 
allgemeinen Aufgabe abhelfen muß; Fleiner a. a. O., S. 205. In den Brem. Verf.-Verh. 
1818, & 5 wünschte die Bürgerschaft Aufnahme einer Bestimmung über die Verhaftung als Maßregel 
der Sicherheitspolizeia, worauf der Senat entgegnet, „daß diese Bestimmungen bereits geachtet 
werden und die Details besser in einem juristischen Hand- und Lehrbuch ihren Platz verdienen“. 
Bgl. auch Verf.-Entwurf v. 1837, S. 25. Ueber die Sicherung und Internierung Geisteskranker: 
Brem. Med. O. v. 2. Juni 1901, 7 45 f.
	        
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