178 Die Verwaltung. 8 70
Unterrichts-G. v. 17. Okt. 1885 (I. S. 487, mit zahlreichen Nachträgen)
zusammengefaßt. Die Aufsicht und größtenteils auch die Verwaltung des Schul-
wesens steht danach der Oberschulbehörde zu, die aus 3 Senatoren und
12 bürgerlichen Deputierten besteht; unter den letzteren dürfen Lehrer nicht sein.
Ihr sind als sachverständiger Beirat der Schulrat, sowie die Direktoren einiger Schu-
len für die Angelegenheiten ihrer Schulen mit beratender Stimme beigeordnet.
Sie gliedert sich in Abteilungen für die einzelnen Zwecke des Schulwesens (Näheres
Art. 2—4 in Fassung des G. v. 7. Juni 1905, S. 76). Die staatlichen Ausgaben für
das Schulwesen sind für 1914 auf 2,7 Mill. Mk. veranschlagt.
Nachdem durch das Unterrichts-G. v. 1885 die Landschulen,, die bis dahin
Anstalten der ländlichen Schulgemeinden waren, grundsätzlich auf den Staat über-
nommen sind #), ist das gesamte öffentliche Schulwesen staatlich. Doch sind auf dem
Lande die Schulgemeinden als Korporationen zur Aufbringung der Schul-
lasten beibehalten, ohne daß ihnen ein Einfluß auf die Schulverwaltung zusteht 2).
Das Landgebiet zerfällt zu dem Zwecke in Schulbezirke, deren Einwohner Mitglieder
der Schulgemeinde sind. Ihren Organen — der Schulgemeindeversammlung und
dem Schulvorstande — liegt die Verwaltung der Schulkasse und die Verteilung der
Schullasten ob. Soweit die in der Anlage zum Gesetz bestimmten Beiträge der Schul-
gemeinden, die etwaigen Beiträge von Gutsherrschaften und die Einnahmen der
Schulen zur Deckung ihrer Bedürfnisse nicht ausreichen, werden diese aus der Staats-
kasse bestritten (Unterrichts-G. Art. 51—69). Für die nächste Aufsicht über die Bezirks-
schulen kann die Oberschulbehörde Ortsschulinspektoren im Ehrenamt bestellen.
Das Unterrichts-G. enthält die Bestimmungen über die Schulpflicht — in
der Regel vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr — und deren Er-
zwingung (Art. 7—12), über die Einrichtung der Schulen im allgemeinen (Art. 13—16)
und der öffentlichen Schulen im besonderen (Art. 17 ff.) 2), sowie die grundlegenden
Bestimmungen über Vorbildung und Anstellungsverhältnisse der Lehrer (Art. 81—105).
Der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen wird nach dem ev.-luth. Be-
kenntnisse erteilt (Unterrichts-G. Art. 23).
Als Fortbildungsschulern bestehen eine kaufmännische Fortbildungs-
schule unter Aufsicht der Handelskammer mit Schulpflicht für männliche Handlungs-
gehilfen und -lehrlinge (G. betr. die kaufmännische Fortbildungsschule v. 6. Febr.
1905 S. 15, auch Nachtrag v. 26. April 1911 u. 21. Jan. 1914), sowie eine Gewerbe-
durch. Ueber eine Revision des Unterrichtsgesetzes und Neuorganisation der Oberschulbehörde
wird z. Z. beraten.
1) Bis 1885 galt für sie das Ges. v. 6. Juni 1863 die evangel.-luther. Landschulen betr. Bei
den Beratungen über die Revision des Unterrichtsgesetzes wurde ihre Verstaatlichung und Einbe-
iehung unter das Unterrichtsgesetz beschlossen (uvgl. Kommissionsbericht in Verh. 1882 D. N. V;
2) Für das 1913 eingemeindete Gebiet sind die Schulverhältnisse durch Nachtrag z. Eingemein-
dungsgesetz v. 11. März 1914 geregelt. Danach finden dort nach wie vor die Bestimmungen des
U.-Ges. für die Volksschulen auf dem Lande und in Travemünde Anwendung außer den Art.
55—67; an Stelle der fortfallenden Beiträge der Schulgemeinden und Gutsherrschaften wird ein
Schulgeld erhoben.
3) Als öffentliche Schulen bestehen: die höheren Schulen: das Katharineum (Gymnasium),
Johanneum (Realgymnasium), die Realschule zum Dom, die Ernestinenschule (staatl. höh. Mädchen-
schule mit Lehrerinnenseminar), sowie ein Lehrerseminar; ferner Mittel= und Volksschulen,
sowie die Bezirksschulen auf dem Lande und in Travemünde.