Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

12 Geschichtliche Einleitung. 83 
Verfassung von 1850 — an, auf der dann wieder die heutige Hamburger Verfassung 
vom 28. September 1860 beruht. 
Anders die Entwicklung in Lübeck. Hier knüpften die Verfassungs- 
verhandlungen Anfang der 40er Jahre, aus denen die Verfassung von 1848 hervor- 
ging, an an die früheren Verhandlungen von 1814. Wie diese beschäftigten sie sich 
mit „zwei Abschnitten“ der Verfassung, der Zusammensetzung des Senats und der 
Bürgerschaft, als dritter kam die Regelung des Ausgleichs von Meinungsverschieden- 
heiten zwischen ihnen hinzu; im übrigen grenzten sie die Zuständigkeit der beiden 
Organe ab, wie sie sich auf Grund der Rezesse entwickelt hatte. Von einer General- 
reform war nicht die Rede. Demgemäß enthält die Lübecker Verfassung keine Kodi- 
fikation der Grundlagen des öffentlichen Rechtszustandes; sie beschränkt sich auf einzelne 
Materien. Die Lübecker Verfassungen von 1848 und 1851 enthalten weder allge- 
meine Bestimmungen über den Staat und die Staatsgewalt — erst die Verfassung 
von 1875 stellte einige solche Sätze an die Spitze 1) — noch Grundrechte oder Vor- 
schriften über Verfassungsänderung u. dgl., wie sie sonst zum regelmäßigen In- 
ventar der Verfassungen jener Zeit gehören. Die Verfassung von Lübeck zeigt im 
Vergleich mit denen der beiden andern Hansestädte einen geschichtlich gewordenen 
Charakter; in ihren einzelnen Bestimmungen läßt sich der Ursprung aus den Rezessen, 
die allmähliche Weiterbildung erkennen. Die Tradition der Stadtrepublik ist hier 
nicht völlig im Staat ausgegangen 2). Nur ein Abschnitt fällt aus diesem historischen 
Rahmen völlig heraus, das allgemeine gleiche Wahlrecht zur Bürgerschaft, wie es 
die Verfassung vom Dezember 1848 einführte. Hier hat die Revolutionszeit auch in 
der Lübecker Verfassung ihren Eindruck hinterlassen und in der Zusammensetzung der 
Bürgerschaft einen völligen Bruch mit der Tradition herbeigeführt, während Bremen 
mit seinem Wahlrecht nach Ständeklassen, Hamburg wenigstens mit der Heraus- 
hebung der Grundeigentümer und Notabeln aus der Gesamtheit der Wähler an die 
Ueberlieferung anknüpften. Ueber die bedeutsamen Folgen dieser verschiedenartigen 
Verfassungsentwicklung für die grundsätzliche Kompetenzverteilung zwischen Senat 
und Bürgerschaft: unten § 5 II. 
§ 3. Die geltenden Verfassungen und ihre Weiterentwicklung. I. In Bre- 
men ist die Verfassung vom 21. Februar 1854 noch heute in Geltung. 
Sie ist aber mit den inzwischen erfolgten Aenderungen zweimal neu publiziert: 
a) in der Redaktion vom 17. November 1875 (S. 185 f.) aus An- 
laß der infolge der Gründung des Deutschen Reiches eingetretenen Aenderungen; 
b) in der Redaktion vom 1. Januar 1894 (GBl. S. 1 f.) 2). 
In dieser Publikation gilt die Verfassung heute mit einzelnen seither erfolgten 
Abänderungen 4). 
1) Ueber diese Ergänzung der Verfassung durch einen allgemeinen Teil: Bericht der gem. 
Kommission in Lüb. Verh. 1874, D. n. 3. 
2) Vgl. z. B. die unten S. 108 Anm. 2 erwähnte Auffassung von dem Fortbestehen des 
Eigentums der Stadt Lübeck an ihrem ehemaligen Besitz. 
3) Auch diese Publikation bezeichnet die Verfassung mit dem Datum v. 21. Febr. 1854. 
Bei beiden Redaktionen sind nur die Aenderungen durchberaten und beschlossen, so daß bei son- 
stigen Abweichungen der Text von 1854 maßgebend sein würde. 
4) Geändert sind: Durch Ges. v. 4. Nov. 1909 (S. 335) der §& 21 betr. Zusammensetzung des 
Senats; durch Ges. v. 7. Febr. 1913 (S. 25) der § 36 betr. die Hilfskräfte des Senats.
	        
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