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Verfassung der freien und Hansestadt Lübeck.
Stillschweigen beobachten und nur dem—
jenigen meine Stimme geben will, wel—
cher nach meiner Ueberzeugung der
Würdigste ist. So wahr mit Gott helfe!
Der im Senate den Vorsitz führende
Bürgermeister liest diese Eidesformel vor
und alle Anwesenden sprechen die Worte:
Ich schwöre es!
§ 3. Sodann werden drei aus je zwei
Mitgliedern des Senates und je zwei
Wahlbürgern bestehende Wahlkammern
durch das Los gebildet, in der Art, daß
zuerst unter die Mitglieder des Senates,
mit Ausschluß des den Vorsitz führenden
Bürgermeisters, und hierauf unter die
Wahlbürger Lose ausgeteilt werden, von
denen jedesmal zwei mit der Nummer I,
zwei mit der Nummer II, zwei mit der
Nummer III bezeichnet, die übrigen aber
unbezeichnet sind.
#§s 4. Jede Wahlkammer begibt sich in
das für sie bestimmte Wahlzimmer. Die
im Ratssaale zurückbleibenden Senats-
mitglieder und Wahlbürger erwählen durch
das Los aus ihrer Mitte zwei Mitglieder
des Senates und zwei Wahlbürger zur
Entgegennahme und Aufzeichnung der
Stimmzettel bei einer etwaigen allgemei-
nen Wahl (95 9 und 10).
§ 5. Die Mitglieder der Wahlkammern
dürfen bis zur Beendigung ihres Wahl-
geschäftes nicht leise mit jemandem reden,
auch nicht das Wahlzimmer verlassen. Von
keiner Wahlkammer und von keinem Mit-
gliede derselben darf an eine andere Wahl-
kammer oder an ein Mitglied der anderen
Wahlkammern, auch nicht an die im Rats-
saale Zurückgebliebenen, und ebensowenig
von diesen an jene, irgendeine Mitteilung
erfolgen.
§J 6. In jeder Wahlkammer führt das
seinem Amte nach älteste Mitglied des Se-
nates den Vorsitz.
Die Wahlhandlung wird damit eröff-
net, daß die Mitglieder der Wahlkammer
einzeln diejenigen Bürger nennen, welche
sie zur Besetzung des erledigten Amtes
vorzugsweise geeignet halten.
In keiner Wahlkammer darf ein in ihr
selbst sitzender Wahlbürger genannt, Mit-
glieder der anderen Wahlkammern können
dagegen in Vorschlag gebracht werden.
§+ 7. Nachdem hierauf die von dem Vor-
sitzenden angefertigte Liste sämtlicher ge-
nannten Personen durch Ausscheiden der
nach den Bestimmungen der Verfassung
nicht wwählbaren berichtigt ist, fordert der
Vorsitzende die Mitglieder der Wahlkam-
mer zu einer freimütigen Besprechung
über alle diejenigen auf, deren Namen auf
der Liste geblieben sind.
§8. Nach beendigter Umsprache wird
zur Wahl des von der Kammer Vorzuschla-
genden geschritten, indem jedes Mitglied
der Kammer den Namen dessjenigen auf-
schreibt, welchen es unter den auf der
Wahlliste Gebliebenen für den Würdigsten
hält. Sind wenigstens drei Stimmen
für eine und dieselbe Person
abgegeben, so ist diese von der Wahlkam-
mer vorzuschlagen. Verteilen sich dagegen
die abgegebenen Stimmen über drei oder
vier Personen und wird auch bei wieder-
holter Umstimmung die zum Vorschlag
erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht,
so wird ein Obmann durch das Los aus der
Mitte der Wahlkammer bestimmt, zum
Zweck der Entscheidung darüber, welche
von denjenigen Personen, welche nur
eine Stimme erhalten haben, auf der
Wahllliste zu streichen ist, worauf über die
auf derselben verbleibenden Personen von
neuem abgestimmt wird.
Sollte sich unter zwei Personen
Stimmengleichheit ergeben und diese durch
eine wiederholte Umstimmung nicht ge-
hoben sein, so wird ebenfalls mit der Aus-
losung eines Obmannes aus der Mitte der
Wahlkammer verfahren, welcher in diesem
Falle zu entscheiden hat, wer von den in
Frage stehenden zwei Personen durch die
Wahlkammer vorzuschlagen ist.
s 9. Sobald eine Wahlkammer ihr
Geschäft beendigt hat, läßt sie dem im
Senate den Vorsitz führenden Bürgermei-
ster davon Anzeige machen. Nachdem dies
von allen drei Wahlkammern geschehen
ist, werden die Mitglieder derselben auf-
gefordert, sich wieder in den Ratssaal zu
begeben. Der Vorsitzende jeder Wahlkam-
mer nennt sodann den von dieser Vorge-
schlagenen. Haben sämtliche Wahl-
kammern dieselbe Person in Vorschlag
gebracht, so erklärt der im Senate den
Vorsitz führende Bürgermeister diese sofort
als zum Mitgliede des Senateserwählt.
Sind aber zwei oder drei verschie-
dene Personen vorgeschlagen, so ist durch
die Wahlversammlung einer der Vorge-
schlagenen nach unbedingter Stimmen-
mehrheit, durch geheime Abstimmung mit-
tels Stimmzettel, zu wählen, ohne daß
eine weitere Besprechung über die in Vor-
schlag gebrachten Personen stattfindet.
10. Wenn unter drei Vorgeschlage-
nen die Stimmen sich dergestalt verteilen,
daß keiner derselben die Mehrheit aller ab-
gegebenen Stimmen erhält, so wird die