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Das Staatsgebiet von Lübeck hat einen Flächeninhalt von 298,73 qkm.
Es besteht aus zehn geographisch getrennten Teilen; auf den Hauptteil, der die Stadt
Lübeck und den Unterlauf der Trave umfaßt, entfallen 202,49 qkm, der Rest von
96,24 qkm auf die neun von den benachbarten preußischen, mecklenburgischen und
oldenburgischen Ländern umschlossenen Enklaven 1). Die Einwohnerzahl des Ge-
bietes betrug (April 1913) 120 046; davon wohnten 112 322 in der durch die Einge-
meindung wesentlich vergrößerten Stadt Lübeck. Das frühere Kondominium von
Hamburg und Lübeck über Bergedorf wurde durch Vertrag vom 8. August 1867, durch
den Lübeck auf seinen Anteil gegen eine Geldentschädigung verzichtete, aufgelöst.
2. In dem Staatsgebiet besitzt der Staat die von dem Eigentum wohl zu schei-
dende Gebietshoheit, die sich positiv darin äußert, daß alle im Gebiet auf-
haltsamen Personen seiner Gewalt unterstehen, und negativ darin, daß keine vom
Staat unabhängige Herrschaft im Staatsgebiet ausgeübt werden kann 2). In der
letzteren Beziehung ergibt sich für die zum Deutschen Reich gehörenden Staaten die
Modifikation, daß das Staatsgebiet zugleich ein Teil des Reiches und als solches auch
der Reichsgewalt unterworfen ist. Weitere Einschränkungen der Gebietshoheit be-
deuten die durch völkerrechtliche Verträge auferlegten sog. Staatsservitutend);
solche sind enthalten z. B. in den mit den Nachbarstaaten geschlossenen Eisenbahn-
verträgen, für Bremen auch in den Verträgen mit Preußen von 1904/5 über Er-
weiterung des Gebietes von Bremerhaven, nach welchen der größte Teil des er-
worbenen Gebietes nur zu Hafen= und Schiffahrtszwecken verwandt werden darf.
Zum Erwerb und zur Veräußerung von Gebietsteilen ist ein Beschluß von Se-
nat und Bürgerschaft erforderlich /).
B. Das Staatsvolk. § 7. Uebersicht; Entwicklung. 1. Die Staatsgewalt
erstreckt sich auf alle Bewohner des Staatsgebietes. Nach ihrem besonderen
Verhältnisse zum Staate gliedern diese sich in jedem Staat in Staatsange-
hörige (Einheimische) und Ausländer (Fremde). Die Staatsangehörigen bilden
das Staatsvolk; sie sind die notwendige Grundlage eines jeden Staates und
der Zweck seines Daseins. Durch die Zugehörigkeit der Hansestädte zum größeren
Staatsverbande des Deutschen Reiches ergibt sich eine dritte Gruppe: diejenigen
Reichsangehörigen, welche nicht die bremische — lübeckische — Staatsangehörigkeit be-
sitzen. Indem endlich die Hansestädte die politische Berechtigung im Staat von dem
Erwerbe eines Staatsbürgerrechtes abhängig machen, wird aus den Staatsange-
hörigen die weitere Gruppe der Bürger herausgehoben. So ist die Gliederung der
mit Preußen v. 21. Mai 1904 und 26. Mai 1905 (Br #l. 1905, S. 139), durch den Bremen ca.
587 ha gegen Austausch eines etwa entsprechenden Teiles seines Landgebietes erwarb. Danach
umfaßt der Distrikt von Bremerhaven heute 879 ha.
1) Näheres über die Topographie: Die fr. und Hansestadt Lübeck, ein Beitrag zur Landes-
kunde; 1890. Ueber den Erwerb des Gebietes aus staatlichen und privaten Landkäufen:
Hartwig, Die Rechtsverhältnisse des ländl. Grundbesitzes im Gebiet der fr. und Hansest.
Lüb. 1908. Das Hoheitsrecht Lübecks über den Unterlauf der Trave wurde im Streit mit
den beiden Mecklenburg durch Entscheidung des Reichsgerichts — auf Grund Art. 76 der Reichs-
gerhsun — anerkannt (Entsch, v. 21. Juni 1890, abgedruckt Z. f. lüb. Geschichte, Bd. 6,
2) Jellinek, Staatslehre :, S. 394 f.
3) Näheres darüber: v. Ullmann, Lehrb. des Völkerrechts, S. 319 f.
"½r Lüb. Verf. Art. 50 II; für Bremen ergibt es der allgemeine Grundsatz i in Verf. s 56 und
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