Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

87 Uebersicht; Entwicklung. 21 
  
Das Staatsgebiet von Lübeck hat einen Flächeninhalt von 298,73 qkm. 
Es besteht aus zehn geographisch getrennten Teilen; auf den Hauptteil, der die Stadt 
Lübeck und den Unterlauf der Trave umfaßt, entfallen 202,49 qkm, der Rest von 
96,24 qkm auf die neun von den benachbarten preußischen, mecklenburgischen und 
oldenburgischen Ländern umschlossenen Enklaven 1). Die Einwohnerzahl des Ge- 
bietes betrug (April 1913) 120 046; davon wohnten 112 322 in der durch die Einge- 
meindung wesentlich vergrößerten Stadt Lübeck. Das frühere Kondominium von 
Hamburg und Lübeck über Bergedorf wurde durch Vertrag vom 8. August 1867, durch 
den Lübeck auf seinen Anteil gegen eine Geldentschädigung verzichtete, aufgelöst. 
2. In dem Staatsgebiet besitzt der Staat die von dem Eigentum wohl zu schei- 
dende Gebietshoheit, die sich positiv darin äußert, daß alle im Gebiet auf- 
haltsamen Personen seiner Gewalt unterstehen, und negativ darin, daß keine vom 
Staat unabhängige Herrschaft im Staatsgebiet ausgeübt werden kann 2). In der 
letzteren Beziehung ergibt sich für die zum Deutschen Reich gehörenden Staaten die 
Modifikation, daß das Staatsgebiet zugleich ein Teil des Reiches und als solches auch 
der Reichsgewalt unterworfen ist. Weitere Einschränkungen der Gebietshoheit be- 
deuten die durch völkerrechtliche Verträge auferlegten sog. Staatsservitutend); 
solche sind enthalten z. B. in den mit den Nachbarstaaten geschlossenen Eisenbahn- 
verträgen, für Bremen auch in den Verträgen mit Preußen von 1904/5 über Er- 
weiterung des Gebietes von Bremerhaven, nach welchen der größte Teil des er- 
worbenen Gebietes nur zu Hafen= und Schiffahrtszwecken verwandt werden darf. 
Zum Erwerb und zur Veräußerung von Gebietsteilen ist ein Beschluß von Se- 
nat und Bürgerschaft erforderlich /). 
B. Das Staatsvolk. § 7. Uebersicht; Entwicklung. 1. Die Staatsgewalt 
erstreckt sich auf alle Bewohner des Staatsgebietes. Nach ihrem besonderen 
Verhältnisse zum Staate gliedern diese sich in jedem Staat in Staatsange- 
hörige (Einheimische) und Ausländer (Fremde). Die Staatsangehörigen bilden 
das Staatsvolk; sie sind die notwendige Grundlage eines jeden Staates und 
der Zweck seines Daseins. Durch die Zugehörigkeit der Hansestädte zum größeren 
Staatsverbande des Deutschen Reiches ergibt sich eine dritte Gruppe: diejenigen 
Reichsangehörigen, welche nicht die bremische — lübeckische — Staatsangehörigkeit be- 
sitzen. Indem endlich die Hansestädte die politische Berechtigung im Staat von dem 
Erwerbe eines Staatsbürgerrechtes abhängig machen, wird aus den Staatsange- 
hörigen die weitere Gruppe der Bürger herausgehoben. So ist die Gliederung der 
mit Preußen v. 21. Mai 1904 und 26. Mai 1905 (Br #l. 1905, S. 139), durch den Bremen ca. 
587 ha gegen Austausch eines etwa entsprechenden Teiles seines Landgebietes erwarb. Danach 
umfaßt der Distrikt von Bremerhaven heute 879 ha. 
1) Näheres über die Topographie: Die fr. und Hansestadt Lübeck, ein Beitrag zur Landes- 
kunde; 1890. Ueber den Erwerb des Gebietes aus staatlichen und privaten Landkäufen: 
Hartwig, Die Rechtsverhältnisse des ländl. Grundbesitzes im Gebiet der fr. und Hansest. 
Lüb. 1908. Das Hoheitsrecht Lübecks über den Unterlauf der Trave wurde im Streit mit 
den beiden Mecklenburg durch Entscheidung des Reichsgerichts — auf Grund Art. 76 der Reichs- 
gerhsun — anerkannt (Entsch, v. 21. Juni 1890, abgedruckt Z. f. lüb. Geschichte, Bd. 6, 
2) Jellinek, Staatslehre :, S. 394 f. 
3) Näheres darüber: v. Ullmann, Lehrb. des Völkerrechts, S. 319 f. 
"½r Lüb. Verf. Art. 50 II; für Bremen ergibt es der allgemeine Grundsatz i in Verf. s 56 und 
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