Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

8 12 Die Zusammensetzung des Senates. 33 
sein. Die übrigen 6 Mitglieder dürfen dem Gelehrtenstande nicht angehören, unter 
ihnen müssen wenigstens 5 Kaufleute sein. 
Diese in allen Hansestädten bestehende altüberlieferte Bevorzugung der Juristen 
und Kaufleute bei Besetzung bestimmter Stellen im Rate findet ihre Berechtigung 
darin, daß die Verwaltungsgeschäfte Rechtskenntnisse erfordern und daß auf dem 
Großhandel das Wohl der Städte in erster Linie beruht . 
Allgemeine Voraussetzungen der Wählbarkeit sind (Brem. 
Verf. & 23; Lüb. Verf. Art. 6): 
1. Besitz der für die Wahl in die Bürgerschaft erforderlichen Eigenschaften (unten 
& 17 III), in Bremen mit der weiteren Verschärfung, daß derjenige, welcher seine 
Zahlungen zu irgendeiner Zeit eingestellt hat, in den Senat nur wählbar ist, wenn 
seine Gläubiger voll befriedigt sind. 
2. Vollendung des 30. Lebensjahres. 
3. Ausgeschlossen von der Wahl sind ferner wegen naher Beziehungen mit 
einem anderen Senatsmitgliede: in Bremen, wer mit einem solchen in auf- 
oder absteigender Linie blutsverwandt oder eines solchen Bruder, Onkel, Neffe, 
Stiefvater, Stiefsohn, Schwiegervater, Schwiegersohn, Frauenbruder oder Schwester- 
mann ist; die halbe Geburt wird der vollen gleich geachtet; bei der Schwägerschaft 
macht es keinen Unterschied, ob die sie begründende Ehe noch fortbesteht oder nicht. 
In Lübecck ist ausgeschlossen, wessen Vater, Sohn, Vollbruder, Halbbruder, Stief- 
vater, Stiefsohn, Schwiegervater, Schwiegersohn oder offener Handelsgesellschafter 
bereits Mitglied des Senats ist 2). Ueber die Verpflichtung zum Austritt aus dem 
Senat bei nachträglichem Eintritt dieser Verhältnisse in Lübeck unten III. 
II. Das Wahlverfahren. Unter der alten reichsstädtischen Verfassung 
ergänzte der Rat sich selbst, wobei er allerdings auch an ein bestimmtes Verfahren — 
Bildung eines Wahlaufsatzes durch einige Vorschlagsherren — gebunden war ?). 
Bremen brach am frühesten mit dem Prinzip der Selbstergänzung; das Statut über 
die Wahl eines neuen Ratmannes vom 22. März 1816 räumte der Bürgerschaft eine 
allerdings beschränkte Mitwirkung ein. Die Brem. Verf. von 1849 gab der Bürger- 
schaft den überwiegenden Einfluß. Nach der Reaktion publizierte der Senat ein provi- 
sorisches Wahlgesetz vom 24. Mai 1852, das die Grundlage der heutigen Be- 
stimmungen wurde 4). In Lübeck 5) führte erst die Verfassung von 1848 eine Mit- 
1) Ueber die Bevorzugung der Kaufleute sagt schon der Lüb. Regreß v. 1669, daß „die Noth- 
durft vor allen Dingen erfordere, daß der Raths-Stuhl mit ... der Handlung und des commercii, 
als worauf die Conservation der Stadt beruhet, wie bisher, also auch inskünftige, wohlerfahrenen. 
subjectis unverlängt ergänzet“ werde. 
2) Die alten Beschränkungen der Stadtrechte gingen weniger weit: für Lübeck: Bruns, 
Verf.-Gesch. S. 3, 28 f.; für Bremen: v. Bippen, Schwägerschaften im Rat in „Aus Bremens 
Vorzeit“, S. 186 f. Hamburg (Verf. Art. 8) hat dieselben Ausschließungsgründe wie Bremen, 
die also weiter gehen wie in Lübeck, indem sie auch Onkel, Neffen und Schwager nicht zulassen. 
Aehnliche Ausschließungsgründe für die Richter am Landgericht Lübeck nach der Uebereinkunft 
wihben Lübeck und Oldenburg v. 8. Jan. 1879, Art. 23 und dem Lüb. AG. z. GVG. v. 3. Febr. 
S Sa Für Bremen Statut III v. 1433. Für Lübeck Rezeß v. 1669 und Bruns, Verf.-Gesch., 
4) Nach dem Brem. Wahlstatut v. 1816 wählte die Bürgerschaft 12 Wahlmänner, die wieder 
4 Vorschlagsherren aus ihrer Mitte wählten; diese 4 stellten mit 4 Vorschlagsherren aus dem 
Senat 3 Kandidaten auf, aus denen der Senat die definitive Wahl vollzog. Nach der Verf. v. 
1849 wählten Senat und Bürgerschaft gemeinschaftlich 3 Mitglieder des Senats und 10 aus der 
Bollmann, Bremen und Lübeck. 3
	        
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