812 Die Zusammensetzung des Senates. 35
binnen 8 Tagen nach der Wahl in öffentlicher Versammlung des Senats und der
Bürgerschaft.
2. In Lübecckl ist jede erledigte Stelle im Senat binnen 4 Wochen neu zu
besetzen (Lüb. Verf. Art. 8; vgl. auch Abs. 2). Das Wahlverfahren — Lüb. Verf. Art. 7 —
zerfällt in 4 Abschnitte. Im 1. Abschnitt wählt die Bürgerschaft aus ihrer
Mitte eine gleich große Anzahl von Wahlbürgern,w die als Mitglieder des Senats
zur Vornahme der Wahl sich eingefunden haben. Damit ist die Beteiligung der
Bürgerschaft als solcher erschöpft. .
Im 2. Abschnitt werden aus der durch die versammelten Senatsmitglieder
und Wahlbürger gebildeten Wahlversammlung nach Ableistung eines Wahl-
eides durch Auslosung 3 Wahlkammern gebildet, von denen jede aus 2 Senatoren
und 2 Wahlbürgern besteht.
Im 3. Abschnittt tritt jede der 3 Wahlkammern unter Vorsitz des
altesten Senatsmitgliedes zusammen, um einen Kandidaten in Vorschlag zu bringen.
Nach Besprechung der Vorgeschlagenen, unter denen sich ein derselben Kammer
angehörender Wahlbürger nicht befinden darf, findet eine Abstimmung statt. Ergibt
sich eine Mehrheit von 3 Stimmen für einen Kandidaten auch bei wiederholter
Abstimmung nicht, so wird durch das Los ein Obmann aus der Wahlkammer ausgelost,
der bei einer Zersplitterung der Stimmen unter mehreren Kandidaten, die nur je
eine Stimme erhielten, entscheidet, welcher von der weiteren Wahl auszuschließen
ist, und bei gleicher Stimmverteilung unter 2 Kandidaten, wer von der Kammer
vorgeschlagen werden soll.
Im 4. Abschnitt vereinigen sich die 3 Wahlkammern wieder mit der
Wahlversammlung. Haben alle 3 Kammern denselben Kandidaten vorgeschlagen,
so erklärt der Bürgermeister diesen für gewählt. Sind dagegen 2 oder 3 Kan-
didaten vorgeschlagen, so trifft die Wahlversammlung unter ihnen die endgültige
Wahl. Ergibt sich dabei nicht die erforderliche Stimmenmehrheit, so werden 5 Ob-
männer aus der Versammlung ausgelost, die, wenn 3 Kandidaten oder 2 von
ihnen neben dem dritten gleiche Stimmenzahl erhalten haben, entscheiden, wer
zunächst von der Wahlliste fortzulassen ist, bei gleicher Stimmverteilung unter nur
2 auf der Liste verbliebenen Kandidaten aber, wer definitiv gewählt sein soll.
(Näheres Lüb. Verf. Art. 7 § 10.)
Die feierliche Einführung und Beeidigung des Gewählten findet in der nächsten
Versammlung des Senats in Gegenwart des Bürgerausschusses statt (Lüb. Verf.
Art. 10).
3. Diese komplizierten Bestimmungen über die Senatswahl 1) laufen in Bre-
men darauf hinaus, daß der Senat ein Veto hat; er kann durch seine Wahlmänner
im zweiten Abschnitt des Verfahrens verhindern, daß ein ihm nicht passender Kandidat
auf den Wahlaufsatz gelangt. Den positiven Einfluß hat die Bürgerschaft: sie stellt
die Urliste der Kandidaten auf und vollzieht die definitive Wahl. Allerdings ist ihr
Einfluß wesentlich dadurch modifiziert, daß die 5 Abteilungen aus ihrer Mitte
1) In Hamburg (Verf. Art. 9) wählen Senat und Bürgerschaft je 4 Vertrauensmänner aus
ihrer Mitte; diese bilden einen Wahlaufsatz von 4 Kandidaten, von denen der Senat 2 streicht
und 2 der Bürgerschaft zur definitiven Wahl präsentiert. Auch hier ist der Einfluß des Senats
also größer als in Bremen.
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