g 13 Rechtliche Stellung der Senatsmitglieder. 37
— auch der Bürgermeister — ist nicht Souverän, Staatsoberhaupt; die Staats-
gewalt steht ihm nicht zu, auch nicht zu einem Anteil 1). Nur das Kollegium, der
Senat als Gesamtpersönlichkeit, ist Mitinhaber der Staatsgewalt. Das einzelne
Mitglied des Senats ist zwar bei der Willensbildung beteiligt, aber sein Wille
ist nicht der Staatswille. Tatsächlich tritt auch gerade in der Regierungstätigkeit,
die der Senat im Plenum ausübt, die Person des einzelnen Senators völlig in den
Hintergrund. Danach ist die Stellung eines Senators nicht der eines Monarchen zu
vergleichen, auch nicht der eines Wahlmonarchen oder Mitregenten, und die
Konsequenzen, die sich aus der Stellung des Souveräns für diesen ergeben, daß er
unverletzlich ist und von jeder Verantwortung frei — the king can do no wrong,
summa sedes a nemine iudicatur —, sind auf das Mitglied des Senats nicht an-
wendbar, wie denn auch tatsächlich die Gesetze eine Verantwortlichkeit der Senatoren.
kennen (unten IV).
Auf der andern Seite erhebt sich die Frage, ob die Senatoren Beamte sind 2).
Die Antwort wird verschieden ausfallen müssen je nach dem Inhalt, den man dem
Begriff des Beamten gibt. Beamte im Sinne der Beamtengesetze der Hansestädte
sind sie nicht 3). Auch die herkömmliche Auffassung räumt den Senatoren eine Son-
derstellung vor den Beamten ein; die Gesetze bezeichnen ihre Dienstbezüge nicht als
Gehalt, sondern als „Honorar“, in der Gehaltsordnung der Beamten erscheinen sie
nicht; in den Staatshandbüchern stehen sie außerhalb der Beamtenhierarchie.
Im allgemeinen staatsrechtlichen Sinne sind dagegen
auch die Senatsmitglieder Beamte, sofern man darunter einen
jeden versteht, der durch öffentlich-rechtlichen Akt zur Führung amtlicher Geschäfte
dauernd verpflichtet ist. Auch die Verfassungen sprechen von einer Amtsführung
der Senatoren; sie geloben deren Erfüllung im Amtseide und sind dafür gleich anderen
Beamten disziplinarisch verantwortlich (unten IV); ihre Rechte und Pflichten ent-
sprechen im allgemeinen denen anderer Beamter. Sie sind Beamte in dem weiteren
1) Abweichend davon Seelig, Hamb. Staatsrecht, S. 83 f.: „Der Senator verwaltet
nicht einen übertragenen Zweig der Staatsgewalt, sondern diese ruht mit ihrer ganzen Fülle
bei ihm nach seinem kollegialen Anteil.“ Er folgert daraus die Unmöglichkeit von Dienstvergehen
der Senatoren und der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit, solange Senatoren den
einzelnen Verwaltungszweigen vorstehen. Diese Folgerungen sind wie der Vordersatz unrichtig.
Das Gesetz kennt Dienstvergehen der Senatoren (unten IV) und die Einführung einer Verwal-
tungsgerichtsbarkeit steht bevor. Die von Seelig hervorgehobenen Charakteristiken, daß der
Senator keine Bestallung erhält, daß er nicht im Dienstwege angestellt, sondern gewählt wird,
teilt er mit andern Organen, z. B. Bürgermeistern, Gemeindevorstehern in Kommunen, die auch
als Beamte angesehen werden. O. Mayer, D. Verw.-Recht II, § 44, S. 224. Preuß,
Städt. Amtsrecht in Preußen, S. 44 f. Gegen Seelig auch Westphal, Ein hamburg. Ver-
antwortlichkeitsgesetz, Annalen 1910, S. 18 f. Unrichtig auch Nöldeke, Hamb. Privatrecht,
i 250, der die Senatoren deshalb nicht als Beamte ansieht, weil sie „Mitinhaber der Staatsgewalt“
eien.
2) Gegen die Bezeichnung der Senatoren als Beamte: Seelig, Hamb. Staats-R., S. 83
(vgl. oben Anm.); Nöldeke, Hamb. Privatrecht, S. 250; v. Melle, Hamb. Staats-R. hält
es nicht für empfehlenswert, die Senatoren als republikanische Beamte zu bezeichnen. Dagegen
sehen sie als Beamte in weiterem Sinne an: Westphal, a. a. O., S. 18 f.; Meyer-An-
schütz, Lehrbuch des deut. Staats-R.“, S. 417.
3) So ausdrücklich Brem. B. v. 1. Febr. 1894 52, Abs. 3. Doch sind in §§ 134, 135 des
BG. eine Reihe von Bestimmungen auf sie für anwendbar erklärt. Unter das Lüb. B. fallen sie
nicht, weil danach nur Beamter ist, wem ein Amt vom Senat oder einer Behörde übertragen ist
(unten § 32). — In Hamburg gelten auch die Syndiker des Senates und die Senatssekretäre nicht
als Beamte; auch sie beziehen ein Honorar und kein Gehalt. Hamb. Ges. betr. Wahl und Organi-
sation des Senats v. 28. Sept. 1860, 5 17.