Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

40 Die Organisation des Staates. l 13 
Vorschrift, daß jedes Senatsmitglied in der Stadt Bremen — Lübeck — seinen Wohn- 
sitzhaben muß 2). 
In Bremen darf ein Senatsmitglied nur mit Erlaubnis des Senats dem 
Vorstand, Verwaltungs= oder Aufsichtsrat einer Erwerbsgesellschaft angehören; die 
Erlaubnis darf nicht erteilt werden, wenn die fraglichen Geschäfte mit der Wahr- 
nehmung des Amtes oder der Stellung des Senators unverträglich scheinen; sie 
ist jederzeit widerruflich; die dem Gelehrtenstande angehörigen 
Mitglieder des Senats dürfen neben ihrem Amtsgeschäft kein ander- 
weitiges Berufsgeschäft betreiben 2). In Lübeck dürfen die aus dem Gelehrtenstand 
erwählten Senatoren kein Gewerbe betreiben, auch ohne Genehmigung des Senats 
kein Nebenamt und keine Nebenbeschäftigung, mit der eine fortlaufende Vergütung 
verbunden ist, übernehmen; auch zum Eintritt in den Vorstand oder Aufsichtsrat 
einer Erwerbsgesellschaft ist die Genehmigung des Senates erforderlich, die nicht 
erteilt werden darf, wenn die Stelle mit einer Vergütung verbunden ist 3). 
Herkömmlich dürfen Senatoren keine Orden annehmen. 
IV. Verantwortlichkeit der Senatsmitglieder. Sie ist 
gleich der Verantwortlichkeit der Beamten eine dreifache: eine zivilrechtliche, 
strafrechtliche und disziplinarische. Eine besondere staatsrechtliche Verantwortlich- 
keit der Senatoren für die Einhaltung der Gesetze, wie sie nach einigen Verfassungen 
für Minister besteht, kennen Lübeck und Bremen nicht 3). 
Strafrechtlich und zivilrechtlich sind die Senatoren gleich anderen 
Beamten verantwortlich; der Abschnitt 28 des Str# B. findet auch auf sie Anwen- 
dung (oben S. 38); zivilrechtlich sind sie im Rahmen ihrer allgemeinen Verant- 
wortlichkeit — oben I a. E. — Dritten nach BGB. § 823 f. 839 und dem Staat 
nach den allgemeinen Vorschriften über unerlaubte Handlungen ersatzpflichtig (vgl. 
unten S. 78 und S. 94 5). 
Ihre disziplinarische Verantwortlichkeit ist besonders geregelt. Dar- 
nach kann zum Austritt aus dem Senat genötigt werden ein 
1) Brem. Verf. §5 28. Lüb. Verf. Art. 12 fordert regelmäßigen Wohnsitz in der Stadt L. oder 
in einer Vorstadt derselben, in letzterem Falle mit der Verpflichtung, „ein zu bestimmten Zeiten 
zugängliches Geschäftszimmer in der Stadt zu halten“. Für Hamburg Verf. Art. 14. 
2) Brem. Verf. 5 29; Beamtenges. v. 1. Febr. 1894, § 135, 28. Der Beschränkung der „Ge- 
lehrten“ entspricht ihr höheres Honorar. Weder dem Gelehrten- noch dem Kaufmannsstand an- 
gehörende Senatoren erhalten das höhere Honorar, wenn sie auf andere Berufsgeschäfte verzich- 
ten, wozu für sie aber eine Verpflichtung nicht besteht (Senatsges. § 24). 
3) Lüb. Verf. Art. 13. Die Beschränkungen in Lübeck entsprechen dem Reichsbeamtengesetz 
§5 16. Bericht der Kommission des Bürgerausschusses in Lüb. Verh. 1874, D. Nr. VI. Für Hamburg 
entsprechende Bestimmungen in Verf. Art. 13. 
4) Eine solche staatsrechtliche Verantwortlichkeit sah die Brem. Verf. von 1849 5 124 ent- 
sprechend einer Lieblingsdoktrin ihrer Zeit vor. Auch der Art. 27 der Hamb. Verf. hat sie im Auge, 
wenn er die Senatoren dafür verantwortlich erklärt, daß durch ihre Amtsführung Verf. und Ges. 
nicht verletzt werden. Das dort vorgesehene Gesetz zur Ausführung der Bestimmung ist bisher 
nicht ergangen. Die Kritik eines Entwurfs der Bürgerschaft bei Westphal, Ein hamb. Verant- 
wortlichkeitsgesetz, Annalen 1910, S. 18 f. Westphal spricht dort von einer 4. Art der Verant- 
wortlichkeit der Senatoren, der parlamentarischen oder politischen. Er leitet sie ab aus dem Inter- 
pellationsrecht der Bürgerschaft. Diesem würde aber doch nur eine Verantwortlichkeit des Senats, 
nicht der einzelnen Senatsmitglieder entsprechen. 
5) Ueber die Ersatzpflicht eines Senats als Vorsitzers einer Deputation bei mangelnder 
Aufsicht für Hamburg: Gutachten der Göttinger Juristenfakultät in Hamb. Verh. zw. S. u. B. 
1875, ahtul f. Ueber die abweichende Ansicht von Zacharias, Arch. f. öffentl. Recht 1914 S. 1 f., 
im Nachtrag.
	        
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