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handlungen und Sendungen ausgeworfenen Summen nicht verweigern. (Näheres
Lüb. Verf. Art. 51 X Z. 4; unten §# 62 1).
7. Der Senat besitzt vermöge seiner Stellung eine Reihe von Ehrenrech-
ten, die beim Schweigen der Gesetze größtenteils auf dem Herkommen beruhen.
Ihm gebührt das Prädikat „Hoher Senat“; in Lübeck haben die Senatsmitglieder
eine Amtstracht bei feierlichen Veranlassungen ½; er kann Auszeichnungen verleihen,
so Ehrenmedaillen 2), Titel 3) und das Ehrenbürgerrecht"!). In den Militärkonven-
tionen mit Preußen sind dem Senat die militärischen Ehrenrechte ausdrücklich vor-
behalten ?). Endlich pflegen unter den Ehrenrechten genannt zu werden (so Brem.
Verf.-Verh. 1818 S. 56 fj): der erste Rang bei feierlichen Gelegenheiten, ein beson-
derer Stuhl in den Kirchen und der Einschluß im Kirchengebet. Wieweit diese Rechte
bestehen, mag dahingestellt bleiben.
II. Kapitel: Die Bürgerschaft.
§s 17. Die Zusammensetzung der Bürgerschaft. I. Allgemeines; Ent-
wicklung des Wahlrechts. Die Bürgerschaft ist die Volksvertretung, das
Parlament der Hansestädte. In den Bürgerschaftswahlen gelangt der Wille des
Volkes im Staatsleben zum Ausdruck. Das Wahlsystem organisiert das Volk zur
Teilnahme am Staatsleben. Seine Ausgestaltung ist verschieden, je nachdem dabeie
das individuelle Interesse der Mehrheit nach möglichst gleicher Stimmberechtigung
oder das staatliche Interesse an einer stetigen Fortentwicklung unter Sicherung des
Einflusses der erfahrenen, mit den Interessen des Gemeinwesens eng verknüpften
Bevölkerungskreise in den Vordergrund gestellt ist. In den Wahlsystemen der Hanse-
städte ist das letztere geschehen; dabei ist betont, daß die Bürgerschaft nicht mit
anderen Parlamenten verglichen werden könne, da sie nicht nur staatliches Parlament,
sondern auch städtische Gemeindevertretung sei auf der Grundlage der vorwiegend
1) In Lübeck ist die während der Franzosenzeit in Fortfall gekommene Amtstracht neuerdings
(Sept. 1913) vom Senat wiedereingeführt. Auch in Hamburg haben die Senatoren und Syndiker
eine Amtstracht.
2) In Bremen die Ehrenmedaille (vgl. Jungk, Brem. Münzen (1875), S. 378); in Lübeck
die Ehrendenkmünze für Treue im Dienste und die goldene Medaille „bene merenti“. In Ham-
burg bedarf der Senat zur Verleihung der Ehrenmedaille an einen Bürger der Zustimmung des
Bürgerausschusses (v. Melle, Hamb. Staats-R., S. 75, Anm. 2).
3) In Bremen übt der Senat das Recht, Titel und neue Amtsbezeichnungen zu verleihen.
In Lübeck verleiht er Titel, doch bedarf er zur Einführung neuer Amtsbezeichnungen der Zustim-
mung der Bürgerschaft; In Hamburg kann der Senat neue Amtsbezeichnungen ohne Zustimmung
der Bürgerschaft nicht einführen; ein Konflikt mit der Bürgerschaft über das Recht des Senats
zur Verleihung von Ehrentiteln ist dahin ausgeglichen, daß der Senat künftig nur ausnahmsweise
den Titel „Professor" für künstlerische und wissenschaftliche Verdienste verleiht, in anderen Fällen
aber sich mit der Bürgerschaft ins Einvernehmen setzt. Ueber Führung außerdeutscher Titel in
Lübeck: V. v. 8. Febr. 1899 (III, S. 193).
4) Für Bremen: v. Bippen, Aus Bremens Vorzeit „Brem. Ehrenbürger“, S. 200 f.
In Lübeck genießen die Ehrenbürger Vorzüge; sie sind auch ohne die Voraussetzungen des Art. 20
der Verf. wahlberechtigt und wählen stets in den Abteilungen der höheren Steuerzahler (vgl.
Anf. Art. 20, Abs. 4, Art. 22). Sie sind befreit von der Einkommensteuer (F 2 des Einkommen-
steuerges. v. 1. Nov. 1913).
5) Für Bremen: Militärkonvention v. 27. Juni 1867 §9, 10. Für Lübeck: Militärkonvention
v. 27. Juni 1867 F 4. Ueber diese militärischen Ehrenrechte ausführlich: Laband, Staats-R.,
Bd. IV, § 99. Nach dem Kais. Erlaß v. 2. März 1886 haben die Ersten Bürgermeister der freien
Städte gleich den Souveränen das Recht, „auf den ihnen eigentümlich gehörenden Privatfahrzeugen
die Kriegsflagge an der Gaffel und am Flaggenstock“ zu führen.