Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

54 Die Organisation des Staates. 8 18 
gen, welche die meisten Stimmen erhalten; es entscheidet also relative Majorität, 
so daß Stichwahlen sich erübrigen; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. (Nähe- 
res Lüb. Verf. Art. 28.) Die vereinigten Geschäftsvorstände der Bürgerschaft und 
des Bürgerausschusses stellen das Wahlergebnis und die Wählbarkeit der Gewählten 
fest; ihre Entscheidung ist endgültig, eine Wahlprüfung durch die Bürgerschaft findet 
nicht statt (Lüb. Verf. Art. 31 Abs. 3). 
5s 18. Rechtliche Stellung der Bürgerschaftsmitglieder. 1. Die Mitglieder der 
Bürgerschaft sind Vertreter des ganzen Volkesz; sie sind von keinerlei 
Weisung abhängig und haben trotz der Klasseneinteilung der Wähler nicht die In- 
teressen ihrer Wahlklasse oder ihres Bezirkes, sondern ihre Ueberzeugung vom ge- 
meinen Besten zu vertreten (Brem. Verf. § 44; Lüb. Verf. Art. 25 Abs. 3). 
2. Ein Zwang zur Annahme der Wahl in die Bürgerschaft besteht nicht; dem 
Gewählten steht es frei, die Wahl abzulehnen oder später wieder auszutreten 7). 
Während seiner Mitgliedschaft aber treffen ihn eine Reihe von Pflichten: 
a) die Pflicht zur Teilnahme an den Versammlungen der Bürgerschaft und an 
den Arbeiten der Ausschüsse. Die Anwesenheit der Mitglieder in den Sitzungen der 
Bürgerschaft wird kontrolliert; die Namen der mit und ohne Entschuldigung Fehlen- 
den werden im Protokoll vermerkt (Gesch. O. der Brem. Bürg. § 20; der Lüb. Bürg. 
6& 9). In Bremen kann ein Bürgerschaftsmitglied nur mit Genehmigung der 
Bürgerschaft die Wahl in einen Ausschuß oder eine Deputation ablehnen oder aus 
ihnen austreten; die Wahl in das Bürgeramt oder einen anderen ständigen Aus- 
schuß kann ablehnen, wer das 65. Lebensjahr vollendet hat, ein Richteramt bekleidet 
oder bereits zu drei ständigen Ausschüssen gehört; bei nachträglichem Eintritt der 
beiden ersten Verhältnisse kann er seine Entlassung fordern; die Wahl in jeden Aus- 
schuß kann ablehnen, wer bereits 6 Ausschüssen angehört (Brem. Verf. 5 53; 
Deputationsg. 8 8). In Lübeck sind die Bürgerschaftsmitglieder verpflichtet, 
die Wahl zum Wortführer, in den Bürgerausschuß und in eine Kommission anzu- 
nehmen?); 
b) die Pflicht zur Geheimhaltung des in vertraulicher Sitzung Verhandelten; 
) die Pflicht zur Wahrung der der Bürgerschaft und ihrer Stellung als Mit- 
glieder derselben schuldigen Achtung (Brem. Verf. § 51 Abs. 2; Gesch. O. der Lüb. 
Bürg. § 16). 
Eine Disziplin über ihre Mitglieder übt die Bürgerschaft selbst 
aus. In den Sitzungen sind Disziplinarmittel der Ordnungsruf und die Entziehung 
des Wortes 2). In Bremen hat die Bürgerschaft noch ein schärferes Mittel: sie kann 
einem Mitglied, das eine der oben erwähnten Pflichten verletzt, das Recht zur Teil- 
nahme an der Bürgerschaft entziehen; ein solcher Beschluß hat den Verlust der Mit- 
gliedschaft und der Wählbarkeit für die folgenden 3 Jahre zur Folge (Brem. G. die 
Bürg. betr. § 16, 2 h; über die Anwendbarkeit auf Deputationsmitglieder unten 
8 III). 
1) Brem. Verf. 5 41; Lüb. Verf. Art. 26. Nach der Hamb. Verf. Art. 34, 36 (vgl. oben S. 27) 
besteht eine Pflicht zur Annahme der Wahl in die Bürgerschaft außer für Beamte und Geistliche. 
4 2 Lüb. Verf. Art. 34, 55; 53 Abs. 2, Gesch. O. der Bürg. 5 79; dort Näheres über Ablehnungs- 
gründe. 
3) Gesch. O. der Brem. Bürg. § 43; der Lüb. Bürg. § 18, 34.
	        
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