Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

8 23 Der gemeinsame Wirkungskreis. 65 
  
meinen denen der Bürgerschaft mit der wichtigen Abweichung, daß seine Versamm- 
lungen nicht öffentlich sind. Wie die Bürgerschaft wählt auch der Bürgerausschuß 
jährlich aus seiner Mitte einen Wortführer und 2 Stellvertreter, sowie einen 
Protokollführer, der nicht Mitglied ist und Besoldung erhält (Lüb. Verf. Art. 55 f.). 
Die Versammlungen finden regelmäßig alle 14 Tage statt, gleichzeitig mit denen des 
Senats, jedoch in getrennten Räumen (Lüb. Verf. Art. 58). Zur Beschlußfassung 
ist die Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder erforderlich (Verf. Art. 60). 
In den Sitzungen sind regelmäßig Kommissare des Senats anwesend. (Näheres 
Lüb. Verf. Art. 61, 63.) Ueber Anträge des Senats ist auch hier in der Regel in 
derselben Sitzung, in der sie vorgelegt sind, zu beschließen; doch kann der Bürgeraus- 
schuß sie nicht nur an eine Kommission verweisen, sondern die Beratung auch bis 
zur nächsten Versammlung aussetzen (das. Art. 62). Die vom Senat im Einverneh- 
men mit dem Bürgerausschuß gefaßten Beschlüsse werden der Bürgerschaft in ihrer 
nächsten Versammlung mitgeteilt und vom Senat, soweit nicht Geheimhaltung er- 
forderlich ist, im Amtsblatt veröffentlicht 1). 
§ 22. Die Geheimkommissionen in Lübeck. Die Mitwirkung von Bürgerschaft 
und Bürgerausschuß kann nach der Lüb. Verf. unter Umständen durch die einer Ge- 
heimkommission ersetzt werden 2). Ihre Einsetzung erfolgt, wenn vor Abschluß eines 
Staatsvertrages oder bei anderer außerordentlicher Veranlassung Senat und Bür- 
gerschaft übereinstimmend der Ansicht sind, daß der Gegenstand wegen erforderlicher 
Geheimhaltung zur Verhandlung in Bürgerschaft und Bürgerausschuß sich nicht 
eigne. Die Kommission übt dann die Befugnisse des Bürgerausschusses und der 
Bürgerschaft aus; ihr Beschluß gemeinsam mit dem des Senats ergibt den Rat= und 
Bürgerschluß. Doch kann die Bürgerschaft im Einzelfalle auch die Vollmacht der 
Geheimkommission beschränken, vor allem sich die definitive Zustimmung vorbehal- 
ten. Die Zahl der Mitglieder der Geheimkommission bestimmt die Bürgerschaft; 
sie brauchen nicht Mitglieder der Bürgerschaft zu sein; ihre Wahl erfolgt durch den 
Bürgerausschuß. Das Verfahren in den Geheimkommissionen ist durch ein beson- 
deres Regulativ geregelt ). 
III. Kapitel: Die gemeinsame Wirksamkeit von Senat und 
Bürgerschaft. 
5 23. Der gemeinsame Wirkungskreis. Der gemeinsame Wirkungskreis von 
Senat und Bürgerschaft umfaßt in Bremen alle Staatsangelegenheiten, soweit 
1) Lüb. Verf. Art. 65, 67, 68. Dort näheres über die Protokollführung. Auch die Protokolle 
des Bürgerausschusses und die gemeinsamen Beschlüsse des Senats und des Bürgerausschusses 
werden in die „Verhandlungen des Senats mit dem Bürgerausschuß und der Bürgerschaft“ auf- 
genommen (unter S. 68). 
2) Lüb. Verf. Art. 52. Die Einsetzung von Geheimkommissionen war schon unter der alten 
Verfassung üblich (Ber. der bürg. Verf.-Rev.-K. 1844, S. 106 f.). Ein Verzeichnis der bis 1898 ein- 
gesetzten Geheimkommissionen bei Bruns, Verf.-Gesch., S. 182 f.; am häufigsten gab die Auf- 
nahme einer Staatsanleihe den Anlaß. Einem ähnlichen Zweck dienten in Bremen früher die 
geheimen Deputationen und dient heute die Einsetzung von „Vertrauensausschüssen“ (unten 
S. 69). Auch in Hamburg sind solchenfalls von der Bürg. Vertrauensmänner gewählt (v. Melle, 
Hamb. St., S. 175 f.). 
3) Regulativ für das Verfahren in den Geheimkommissionen, Anh. VI der Verf. v. 7. April 
1875 (I, S. 220 f.). 
Bollmann, Bremen und Lübeck. 5
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.