Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

66 Die Organisation des Staates. g 23 
sie nicht dem Senat allein übertragen sind; die Verfassung zählt demgemäß nur die 
hauptsächlichen Gegenstände der gemeinsamen Zuständigkeit auf, ohne daß diese 
Aufzählung erschöpfend wäre (Brem. Verf. § 56, 58; oben §8 5 II.). In Lübeck da- 
gegen ist die Bürgerschaft nur zur Mitwirkung berufen, soweit die Verfassung dies 
ausdrücklich bestimmt; die Aufzählung ihrer Aufgaben in der Verfassung ist eine er- 
schöpfende (Lüb. Verf. Art. 18, 50, 51; oben § 5 II.). 
In beiden Staaten ist die Bürgerschaft gleich anderen Parlamenten Gesetz- 
gebungsorgan. Das Gebiet der Gesetzgebung umfaßt dabei bei ihrer fehlenden 
kommunalen Absonderung auch die städtischen Angelegenheiten der Städte Bremen 
und Lübeck (unten § 40). 
In Bremen ist die Bürgerschaft ferner im weitesten Umfange Verwal- 
tungsorgan. Die gemeinsame Wirksamkeit mit dem Senat erstreckt sich hier 
grundsätzlich auch auf die gesamte Verwaltung. Sie wird ausgeübt (Brem. Verf. 
60) „entweder unmittelbar durch übereinstimmende Beschlüsse — im Plenum 
beider Versammlungen — oder mittelbar durch Ausschüsse“, Deputationen, die hier 
gemeinsame Ausschüsse von Senat und Bürgerschaft sind und einen Teil ihrer ge- 
meinsamen Aufgaben erledigen. Welche Gegenstände durch gemeinschaftliche Be- 
schlüsse im Plenum und welche in den Deputationen erledigt werden, ist nicht ge- 
sagt. Keinenfalls fällt die Unterscheidung zusammen mit den Begriffen Gesetzgebung 
und Verwaltung. Auch die Plenarbeschlüsse sind größtenteils Verwaltungsakte, 
so Bewilligung von Ausgaben usw. Aus der Natur der Sache ergibt sich, daß die- 
laufende Verwaltung innerhalb der Gesetze und des Etats von den Deputationen 
besorgt wird, daß dagegen alle Akte der Gesetzgebung und die über die laufende Ver- 
waltung hinausgehenden Geschäfte der Beschlußfassung im Plenum bedürfen. 
In Lübeck wirkt die Bürgerschaft im Plenum auch bei einzelnen Verwal- 
tungsakten mit, so bei Feststellung des Budgets, Aufnahme von Anleihen, bei An- 
wendung des Enteignungsgesetzes im Einzelfall usw. An den laufenden Verwal- 
tungsgeschäften ist sie hier aber auch mittelbar nicht beteiligt; die gemischten Be- 
hörden sind in Lübeck nicht Ausschüsse von Senat und Bürgerschaft. Auf ihre Zu- 
sammensetzung hat die Bürgerschaft nur einen indirekten Einfluß durch die Betei- 
ligung des Bürgerausschusses bei der Wahl der bürgerlichen Deputierten (unten. 
28 1 Z. 2). 
Gegenstände der gemeinsamen Wirksamkeit, die hier 
nach der Zusammenstellung in den Verfassungen kurz zu erwähnen sind, sind nach. 
der Brem. Verf. 58: 
a) Die Genehmigung von Verträgen mit auswärtigen Regierungen, deren. 
Inhalt Gegenstände des gemeinsamen Wirkungskreises betrifft; unten § 55 II); 
b) die Gesetzgebung, unten § 49, wozu auch die „Feststellung der Grundsätze 
der Kommunalverfassungen“ gehört (Verf. § 58 c); 
Jc) allgemeine Bestimmungen über das Gewerbewesen, Erteilung von gewerb- 
lichen Privilegien, Monopolen, Patenten; unten § 66; 
d) Organisation und Verwaltung des Schulwesens und der Einrichtungen für 
Volksbildung überhaupt; unten § 70; 
e) Feststellung der öffentlichen Abgaben, unten § 63;
	        
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