* 26 Erledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Bürgerschaft. 71
führer. Der Vorsitzer hat alle obrigkeitlichen Handlungen, d. h. Akte, durch die das
Herrschaftsrecht des Staates, seine Befehlsgewalt, ausgeübt wird, vorzunehmen;
so hat er den Beamten Anweisungen zu erteilen 1)0. Rechnungsführer der
Deputation ist immer ein bürgerschaftliches Mitglied, das von der ganzen Deputation
aus ihrer Mitte hierzu gewählt wird; seine Amtszeit dauert bis zur nächsten halb-
schichtigen Erneuerung der Bürgerschaft, regelmäßig also 3 Jahre (Näheres G. F 14).
Im übrigen bestimmt die Deputation über die Verteilung der Geschäfte. Jedes
Mitglied ist zur Einsicht der Rechnungsbücher und Protokolle berechtigt.
Die Deputation erledigt ihre Geschäfte in den Sitzungen (über ihre Dele-
gationsbefugnis unten § 28 II); diese werden vom Vorsitzer anberaumt; auf Ver-
langen der Hälfte der bürgerlichen Deputierten ist er dazu verpflichtet (Deput.-G.
§+ 17). Die Beschlußfassung geschieht nach absoluter Stimmenmehrheit. Für ver-
waltende Deputationen gilt die wichtige Ausnahme, daß ein Beschluß nicht zu-
stande kommt, wenn sämtliche anwesenden Mitglieder des Senats oder der Bürger-
schaft sich in der Minderheit befinden; die Gleichstellung beider Kollegien soll auch
in der gemeinsamen Verwaltung gewahrt bleiben 2). Was zu geschehen hat, wenn
ein Beschluß nicht zustande kommt, sagt das Gesetz nicht; Senat und Bürgerschaft
werden dann zu entscheiden haben; in dringenden Fällen kann der Senat kraft seines
Oberaufsichtsrechtes provisorisch handelnd eingreifen 3).
Deputationsberichte und Gesetzentwürfe werden vom Vorsitzer redi-
giert und sind von der Deputation zu genehmigen; in beratenden Deputationen
und bei Abfassung von Gutachten überhaupt kann die Minorität Aufnahme ihrer
Gegengründe verlangen (Näheres Deput.-G. § 18 b, 19). Bei Einsetzung einer
Subdeputation muf dieser je ein Mitglied des Senats und der Bürgerschaft
angehören, im übrigen wird ihre Zahl und ihr Geschäftskreis von der Deputation
bestimmt (Deput.-G. 9 20, 21).
§ 26. Erledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Bürger-
schaft. Mit dem Vorhandensein mehrerer höchster Organe im Staat ist die Mög-
lichkeit von Verfassungskonflikten gegeben. Diese ist in den Hansestädten um so
größer entsprechend dem weiteren Gebiet des Zusammenwirkens von Senat und
Bürgerschaft. Zudem fehlen konstitutionelle Mittel zum Ausgleich, wie sie in anderen
Staaten in der Kammerauflösung, dem Ministerwechsel bestehen. Das staatliche
Leben muß sich hier umsomehr in Kompromissen bewegen. In Anknüpfung an
die Gerichtsbarkeit der Reichsgerichte des alten Reiches in ständischen Streitigkeiten
und an die in Hamburg schon seit 1712 bestehende Einrichtung einer Entscheidungs-
1) Deputationsges. § 11, 12. In Prozessen leistet der Vorsitzer daher die Parteieide; die übri-
en Mitglieder können als Zeugen vernommen werden (8P . 5 473). Ueber den Begriff der obrig-
eitlichen Verwaltungsakte: O. Mayer, Verw.--R., Bd. II, S. 198; Preuß, Städt. Amtsrecht
in Preußen, S. 374 f.
2) Deputationsges. § 18 a. Wenn eine verwaltende Deputation ein Gutachten oder einen Be-
richt abzugeben hat, wird diese Ausnahmevorschrift ihrem Grunde nach nicht Anwendung finden;
so auch genauer Deputationsges. v. 1849 & 14 e. Uebrigens entspricht jener Grundsatz dem Herkom-
men. 538 der Zeit vor Einführung der Verf. (Bericht der K. der Bürg. in Verh. der Bürg. 1852,
3) So Bericht der Verf.-Deputation, Verh. 1852, S. 251 f.: „Nähere Bestimmungen für den
Fall, daß kein Beschluß zustande kommt, sind nicht getroffen in der Voraussetzung, daß solchen-
falls unter Umständen das Oberaufsichtsrecht des Senats zur Geltung kommt.“