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kennt die bremische Verfassung (§ 66 Abs. 1) nur einen Weg zur Vermittlung.
Jeder Teil kann die Einsetzung einer Deputation verlangen, die über Vermittlungs-
vorschläge zu beraten und zu berichten hat. Weiter bleibt dann nur eine Verstän-
digung übrig 7½.
Sind dagegen in Lübeck Senat und Bürgerschaft verschiedener Ansicht dar-
über, „was das Staatswohl erfordere“, stimmen jedoch darin überein, „daß eine Be-
schlußfassung ohne wesentlichen Nachteil für das Gemeinwesen keinen Aufschub er-
leide“, so ist die Meinungsverschiedenheit durch eine Entscheidungskommission zu
beseitigen 2). Doch dürfen Verfassungsänderungen nicht auf diesem Wege herbei-
geführt werden. In die Kommission wählen Senat und Bürgerschaft je 7 ihrer
Mitglieder; diese treten nach feierlicher Vereidigung zur Beratung zusammen. Zur
Beschlußfassung ist Stimmenmehrheit sämtlicher Mitglieder erforderlich; bei Stim-
mengleichheit wählt die Kommission aus ihrer Mitte einen engeren Ausschuß von
3 Senatoren und 3 Bürgerschaftsmitgliedern; dieser muß sich über die Entscheidung
verständigen 3). Die Kommission kann gleichzeitig mit ihrem Entscheidungsspruche
unter bestimmten Umständen (Art. 84) einen Vermittlungsvorschlag einreichen,
über den dann zunächst zu verhandeln ist. Die Entscheidung der Kommission hat die
Wirkung eines Rat= und Bürgerschlusses?/).
Die Bestimmung der Reichsverfassung (Art. 76 Abs. 2), daß Verfassungsstreitig-
keiten in Bundesstaaten, in denen eine Behörde zur Entscheidung solcher nicht be-
stimmt ist, vom Bundesrat auszugleichen seien, findet in Bremen und Lübeck keine
Anwendung, da hier solche Instanzen vorgesehen sind 5).
IV. Kapitel: Die Behörden: A. Die Verwaltungsbehörden.
§# 27. Allgemeines; Organisation der Verwaltung. I. Behörden sind Dienst-
stellen, die einen Kreis staatlicher Geschäfte mit Selbständigkeit nach außen erle-
digen 6). Die Behörde ist nicht juristische Person, nicht Rechtssubjekt; alle Rechte
und Pflichten sind solche des Staates, nicht der Behörde. Die Behörde kann daher
als solche nicht haftbar gemacht, auch nicht verklagt werden und klagen 7), Prozeß-
1) Die Brem. Verf. v. 1849 Art. 3, 63 ließ solchenfalls die Gesamtheit der Bürger durch einen
Ausschuß von 13 Mitgliedern entscheiden.
2) Ohne die letztere Voraussetzung der Dringlichkeit ist das Verfahren einzuleiten bei Differen-
z3 über . Staatsbudget gemäß Bek. betr. das Budgetbewilligungsrecht v. 1. März 1852/7. April
875 (I, S. 220).
3) Die Hamb. Verf., die auch eine „Entscheidungsdeputation“ vorsieht, kennt als letztes
Mittel die Auslosung einer Subdeputation von 5 Mitgliedern (Hamb. Verf. Art. 72 f.).
4) Lüb. Verf. Art. 75—85; dort die Einzelheiten, die sich nahe an das Institut der Entschei-
dungsdeputation der alten Hamb. Verf. anschlossen. Bericht der bürg. Verf.-Rev.-K. 1844, S.
168 f. Das Verfahren ist einmal i. J. 1895 bei einem Konflikt betr. Deckung eines Fehlbetrages
im Budget, insbesondere darüber, ob diese durch Einführung einer Lotterie erfolgen solle, zur
Anwendung gelangt. Die Kommission entschied für die Ansicht des Senats; Bruns, Verf.=
Gesch., S. 94 f.; auch Fehling, Behn, S. 95f.
5) Laband, StR.“, Bd. I, S. 271, und für Sachsen auf Grund ähnlicher Bestimmungen:
O. Mayer, Stz. des Königreichs Sachsen, S. 223.
6) Laband, Stf.ö, I, S. 365 f.; K G. in Rspr. d. OLG. IX, S. 357. Darnach sind die mei-
sten nur zur Erleichterung des inneren Betriebes gebildeten Senatskommissionen keine Behörden.
Vgl. auch Behr, Die gemischten Kommissionen in Hamburg, in Hans. G3Z. 1912, n. 39.
7) So R. bei Seuff. Arch. Bd. 54, n. 224 (betr. Hamburger Medizinalbehörde); HG.
1902, n. 117, 147 (betr. Staatsanwaltschaft in Hamburg). Stein, Kommentar zu ZPO. f5 50 II