Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

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In ihrer amtlichen Stellung sind die bürgerlichen Deputierten zur Führung der 
Geschäfte verpflichtet. Durch eine Pflichtverletzung können sie sich zivilrechtlich und 
strafrechtlich verantwortlich machen (oben S. 78 Anm. 3). Eine besondere diszipli- 
narische Verantwortung besteht allgemein nicht. Doch zieht in Lübeck auch die 
Weigerung der Fortführung des Ehrenamtes den Verfall einer vom Senat festzu- 
setzenden Geldstrafe nach sich (Lüb. V. v. 18. Juni 1860 Art. 4 (S. 31), oben §10 
Z. 1 b). 
Eine besondere Stellung nehmen auch hier die Deputationen in Bremen ein, 
deren bürgerliche Mitglieder ihre Tätigkeit in der Deputation als Teil der ihnen 
als Mitgliedern der Bürgerschaft obliegenden Pflichten erledigen. Sie stehen daher 
auch hierin unter der Disziplin der Bürgerschaftsmitglieder und die Verletzung ihrer 
Pflichten in den Deputationen kann die Entziehung des Rechtes zur Teilnahme an 
der Bürgerschaft nach sich ziehen (loben § 18 Z. 2). Auf der andern Seite erstreckt sich 
auch die den Bürgerschaftsmitgliedern gewährleisttete Immunität auf ihre Tätigkeit 
in den Deputationen; so ausdrücklich für die disziplinarische Verantwortlichkeit der 
der Bürgerschaft angehörenden Beamten Brem. G. v. 21. Jan. 1911; oben §& 18 Z. 4. 
B. Die Justizverwaltung und die gerichtlichen Behörden?). 
§ 29. Die Justizverwaltung. I. Die gesamte Justizhoheit — einschließlich 
der Rechtsprechung — war unter der alten Verfassung in den Händen des Rats 
vereinigt. Allmählich vollzog sich im 19. Jahrhundert die Trennung der Recht- 
sprechung von der Verwaltung. In Bremen nahm, nachdem schon im Anfang 
des 19. Jahrhunderts aus dem Rat ein ständiges Personal der Gerichte ausgesondert. 
war, die Verfassung von 1849 diese Trennung vorz sie übertrug die Rechtsprechung 
einem aus 12 Mitgliedern bestehenden Richterkollegium. Auch in Lübeck er- 
kannten die Verfassungen von 1848 die Notwendigkeit einer Umgestaltung des Ge- 
richtswesens durch Trennung von der Verwaltung an, doch ließen sie einstweilen. 
den alten Zustand bestehen, bis nach weiteren Verhandlungen durch Gesetz vom. 
28. Juni 1851 ein selbständiges Untergericht eingesetzt und im Jahre 1864 auf Grund 
des Gesetzes vom 17. Dezember 1860 auch die Rechtsprechung des Senats im Ober- 
gericht beseitigt wurde 2). 
II. Während die Gerichtsverfassung auf Reichsrecht beruht, ist die Justizver- 
waltung den Bundesstaaten unter Aufsicht des Reiches überlassen. Sie umfaßt die 
Sorge für die Einrichtungen der Rechtspflege und die Ausübung der Gerichtsbarkeit, 
ebenso wie bei den Beamten i. e. S. — ein zivilrechtlicher Vertrag nicht vorliegt (Laband, St.#% 
Bd. 1, S. 476, unten S. 94). — Für Hamburg Verf. Art. 87 und Gutachten der Göttinger Juri- 
stenfakultät in Hamb. Verh. zw. S. und B. 1875, S. 123 f., das die Deputierten dem Staat bei 
grober Pflichtverletzung (Mangel an Aufsicht) für ersatzpflichtig hält. Wolffson, Hamb. St. 
S. 25 will „nach Analogie der Vormundschaft“ eine Haftung für die Sorgfalt wie in Privatsachen 
annehmen. Ueber die abweichende Ansicht von Zacharias, Arch. f. öffentl. R. 1914, S. 1 f. 
im Nachtrag. 
1) Rechtsquellen für die Justizorganisation sind hauptsächlich die Ausführungsgesetze 
zum Gerichtsverfassungsgesetz: Brem. Ges. betr. Ausführung des G. v. 17. Mai 1879 (S. 107) 
im folgenden zitiert als Brem. AG.; Lüb. V. die Ausf. des GVG. für das Deutsche Reich 
v. 27. Jan. 1877 betr. v. 3. Febr. 1879 (1, S. 299), im folgenden zitiert als Lüb. AG. — In Ham- 
burg hat kürzlich eine Neuordnung stattgefunden, die zu einer Revision der Bestimmungen ge- 
führt hat, im Hamb. AG. z. GV G. v. 25. Febr. 1910. 
2) Ueber die Entwicklung in Lübeck: Bruns, Lüb. Verf.-Gesch., S. 25, 29 f. und speziell 
über die Kämpfe bei Einrichtung des selbständigen Obergerichts: Fehling, Behn, S. 110 f.
	        
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