82 Die Organisation des Staates. g 30
Amtsgericht und das gemeinsame Landgericht für Lübeck und das oldenburgische
Fürstentum Lübeck. Beide Staaten haben mit Hamburg gemeinsam das Hanseatische
Oberlandesgericht und die oberste Spitze ihrer Gerichtsorganisation gleich den andern
deutschen Staaten im Reichsgericht.
I. Bremen hat ein Amtsgericht in Bremen und eines in Bremerhaven,
beide mit mehreren Richtern besetzt 1); die Geschäftsverteilung wird auf ihren Vor-
schlag von der Justizverwaltungskommission festgestellt loben § 29 II Z. 1). Diese
wählt auch den die allgemeine Dienstaufsicht führenden Amtsrichter, der Vorge-
setzter der nichtrichterlichen Beamten des Amtsgerichts ist 2). Sachen der freiwilligen
Gerichtsbarkeit, für welche nach Landesrecht die Amtsgerichte zuständig sind, sind
das Verfahren in Ablösungs= und Enteignungssachen ?).
In Lübeck besteht ein mit mehreren Richtern besetztes Amtsgericht. Die Ge-
schäftsverteilung erfolgt durch das Präsidium des Landgerichts nach vorheriger Rück-
sprache mit den Amtsrichtern. Einem Amtsrichter mit dem Titel Oberamtsrichter
wird vom Senat die allgemeine Dienstaufsicht übertragen (Lüb. AG. v. 1879 5 14 .;
44 Abs. 2, 45). Ueber die Einrichtung eines Jugendgerichtes beim Amtsgericht:
Lüb. V. v. 31. Okt. 1908 (S. 146).
II. Bei dem Landgericht in Bremen bestehen zurzeit 5 Zivil- und
3 Strafkammern, außerdem in Bremen 3, in Bremerhaven eine Kammer für Han-
delssachen. Die Handelsrichter werden auf gutachtlichen Vorschlag der Handels-
kammer vom Senat ernanntz ihre Dienstzeit beträgt 3 Jahre; sie sind zur Uebernahme
des Amtes verpflichtet"). Der Präsident und die Direktoren des Landgerichts wer-
den von dem Richterkollegium gewählt vorbehaltlich der Genehmigung der Wahl
durch den Senat (Brem. A. § 102 f.; oben § 29 II Z. 1).
Das „Landgericht der freien und Hansestadt Lübeck und des
Großherz. Oldenb. Fürstentums Lübeck“ ist durch Vertrag zwischen Olden-
burg und Lübeck vom 29./30. September 1878 errichtet 5). Nach dem Vertrage steht die
Justizverwaltung beiden Staaten gemeinsam zu. Oldenburg stellt einen Direktor und
einen Richter an, die übrigen Richter und Beamten werden von Lübeck angestellt 6);
1) Der Bezirk des Amtsgerichts Bremen umfaßt die Stadt Bremen, Vegesack und das Land-
gebiet, der des Amtsgerichts Bremerhaven das dortige Amt. In Vegesack werden alle 14 Tage
Gerichtssitzungen in Zivilsachen gehalten; damit ist dort kein Gerichtsstand geschaffen, sondern.
nur die Gerichtsstelle im Sinne von Z PO., § 219 in Sachen dortiger Beklagter dorthin verlegt
(Brem. A. § 66, 67 X; Ges. v. 2. Aug. 1905, 5 2).
2) Er kann Ordnungsstrafen über sie verhängen: Brem. A. § 73; Beamtengesetz § 84,
Abs. 2. Einen besonderen Titel wie in Lübeck und Hamburg oder erhöhtes Gehalt hat er nicht.
In Hamburg ist durch Ges. v. 25. Febr. 1910 ein Amtsgerichtspräsidium mit einem Amtsgerichts-
präsidenten und mehreren Oberamtsrichtern geschaffen; der Amtsgerichtspräsident hat auch die
Aufsicht über die Amtsrichter.
3) Brem. AG. F 71; Ges. betr. Ausf. des RG. über die Angel. der freiw. Ges. v. 18. Juli
1899, § 1. Ferner sind den Amtsgerichten sühneamtliche Geschäfte zugewiesen: Brem. V. v.
28. Nov. 1879 (S. 367).
4) Brem. AG. § 84—88; § 86 in der Fassung des Ges. v. 14. Nov. 1882 (S. 137).
5) Bek. v. 8. Jan. 1879 (I, S. 290 f.). Der Vertrag ist inzwischen mehrfach abgeändert,
zuletzt vor Allem laut Bek. v. 2. Mai 1906 (S. 59) betr. Vermehrung der Richter und Bek. v.
2. März 1912 (S. 238) betr. Neuordnung der Gehälter.
6) Vertrag Art. 22jetzt in der Fassung der Uebereinkunft v. 1905/06 (G. S. 1906, S. 59), wonach
Oldenburg ferner den etwa erforderlichen 9. Richter anstellt. Die Gehälter der Richter und Staats-
anwälte sind im Vertrage festgelegt; die Feststellung der übrigen Beamtengehälter bis zur Höchst-
grenze von i. S. 75 000 Mk. ist Lübeck überlassen, Art. 24 in der Fassung des V. v. 1912 (S. 238).